< PreviousMARIA UND JOHANN KIENBERGER, Adeg OÖ ADEG Kienberger in Strobl am Wolfgang- see (Sbg) TEXT: MAGDALENA KRANABITL Touristen-Hotspots in Österreich. Die Saison bei Eurospar, Adeg sowie Nah&Frisch HANDEL AKTUELL Tourismus pusht den Handel → Starke Saison am Wolfgangsee → Touristen aus Asien zurück D ie heißen Sommertage haben in Österreich Ein- zug gehalten. So auch der Sommertourismus. Die Corona-Flaute sollte endlich über- standen sein. Laut Wifo-Analyse wird mit gut 80 Millionen Nächti- gungen im Laufe der Sommersaison gerechnet. Ein Rekord. Nach wie vor sei jedoch ein „Trend zur Sparsam- keit im Urlaub zu beobachten“. REGAL hat bei Kaufleuten aus Tou- rismus-Regionen nach dem Status quo gefragt. Adeg Kaufmann Johann Kienber- ger ist durchaus zufrieden mit dem heurigen Start in die Saison. Mit seiner Frau Maria betreibt er drei Märkte im idyllischen Salzkammer- gut. Einen davon mit einer Ver- kaufsfläche von 150 Quadratmetern im Touristen-Hotspot St. Wolfgang, auf der oberösterreichischen Seite des Wolfgangsees. „Der Saisonstart war extrem stark. Bereits nach Os- tern strömten die Touristen nach St. Wolfgang. Bei Tagestouristen ist ein Boom ersichtlich“, sagt Kienberger im REGAL-Interview. Allgemein würden die Leute gerne im Inland die Urlaubszeit verbringen. Etwa 40 Prozent des Jahresumsatzes, die Wintersaison inkludiert, fallen bei Kienberger auf das Touristenge- schäft. „Im Sommer sind die Hälfte der Einkäufer Urlauber. Seit dem Winter sind wieder mehr asiatische Touristen hier. Ansonsten etliche aus den Nachbarländern wie Deutschland oder Tschechien.“ Top-Seller. Im Einkaufswagerl landen nach wie vor gerne Produkte aus der Region. „Die Urlauber kau- fen regionalen Schafskäse, Honig oder geräucherten Fisch.“ Dass die Touristen beim Lebensmittelein- kauf sparen, verneint der Kauf- mann: „Ich sehe keinen Rückgang bei bestimmten Warengruppen.“ Im Vorjahr konnte Kienberger für sei- nen größten Standort in Strobl 3,3 Millionen brutto erwirtschaften, 1,4 Mille brutto mit dem Adeg in St. Wolfgang. Mondsee. Etwa eine halbe Auto- stunde entfernt, gegen Norden, be- ST. WOLFGANG AM WOLFGANGSEE 30 | REGAL 08-2023 HANDEL AKTUELL findet sich, direkt am Mondsee, der Eurospar von Kaufmann Alexander Feurhuber. Jahr für Jahr zieht es etli- che Touristen in die oberösterreichi- sche Marktgemeinde, eingebettet zwischen Schafberg, Mondseeberg und Drachenwand. „Da es im Früh- ling sehr kalt war, ist die Saison in diesem Jahr sehr sprunghaft ange- stiegen. Der Mai war noch durch- wachsen, ab Juni ging die Touristen- anzahl aber rasant nach oben. Gene- rell ist die Kundenanzahl in meinem Eurospar gestiegen“, erzählt Feurhu- ber. Woran das liegt, ist sich Feurhu- ber nicht sicher: „Eventuell, weil die Campingplätze alle voll sind. Die Hotels sind teilweise noch nicht aus- gebucht. Vielleicht liegt heuer der Trend in der Selbstversorgung.“ Beim Einkauf sieht der Kauf- mann eine deutliche Tendenz hin zu Aktionen: „Ich merke, dass die Tou- risten, so wie die Einheimischen, vermehrt zu Aktionsware greifen. Vor allem bei Waschmittel und Bier wird auf den Preis geachtet. Regio- nale Produkte werden trotzdem noch gerne gekauft. Hier sehe ich keinen Rückgang.“ Um für die Saison gewappnet zu sein, hat der Kauf- mann fünf Praktikanten angestellt. Wachau. In Niederösterreich ge- legen, etwa 80 Kilometer westlich von Wien, befindet sich ein weiteres Juwel Österreichs: die beliebte Tou- rismusregion Wachau. Hier ist, in der mittelalterlichen Ortschaft Dürnstein, der Nah&Frisch Markt von Kauffrau Barbara Hartl situiert. Weingärten, Felsen und die Donau zieren das Landschaftsbild. „Nor- malerweise startet die Saison in der Wachau nach Ostern. Aufgrund des verregneten Frühlings verschob sich alles um zwei Monate. Auf Ta- gesausflüge wurde, dem Wetter ge- schuldet, verzichtet“, berichtet die Nah&Frisch Kauffrau. Aktuell sind die Urlauber zurück, Luft nach oben sei aber noch gegeben. „Beim Le- bensmitteleinkauf wird heuer auch im Urlaub gespart. Gewöhnlich sind Spirituosen aus der Region am Wo- chenende ausverkauft, um ein Bei- spiel zu nennen. Zu hochpreisigen Produkten aus der Region greifen die Touristen deutlich weniger oft. Gekauft wird nur das Erforderliche.“ Gerne würde Hartl in der Hochsai- son die Öffnungszeiten des Marktes verlängern. „Leider fehlt es mir an Personal.“ Pläne. Für das kommende Jahr hat die Nah&Frisch Kauffrau eini- ges in der Pipeline: „Ich will den kompletten Markt einem Umbau unterziehen und die PV-Anlage aus- bauen. In Zuge dessen sollen die Gastro- und Logistik-Flächen ver- größert werden.“ Heuer stehe ganz klar das Finanzmanagement im Mittelpunkt: „Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs haben sich meine Heiz- und Gaskosten versechsfacht und der Strom verdoppelt. Dazu kommen die Lohnnebenkosten und Warenbeschaffung. Insgesamt be- komme ich um ein Drittel weniger. Ein eisernes Finanzmanagement ist die heurige Devise.“ NAH&FRISCH HARTL in Dürnstein (NÖ) Nah&Frisch Kauffrau BARBARA HARTL ALEXANDER FEURHUBER, Eurospar Mondsee (OÖ) 08-2023 REGAL | 31E in strahlend blauer Tag im Juli, nur vereinzelte Wolkenschleier bede- cken den Himmel. Heute ist RE- GAL im westlichen Weinviertel un- terwegs. Sanfte Hügel zieren die idyllische Landschaftskulisse. Filmreif. Die Wander- und Radsaison hat, dank traumhaften Wetters und Schulferien, bereits Einzug gehalten. Angekommen im Bezirk Horn, genauer gesagt im Ortskern Röschitz, feiert Nah&Frisch Kauffrau Ilse Hofbauer ihr dreijähriges Jubiläum. Schnell sind aus der Kaffee-Ecke zwei Stühle und ein Tischchen ge- nommen, um provisorisch auf dem Nah&Frisch Parkplatz für das REGAL-Ge- spräch platziert zu werden, mit Blick auf die charmante Röschitzer Pfarrkirche zum heiligen Nikolaus. „Ich hätte sehr gerne neue Gartenmöbel. Die stehen ganz oben auf meiner To-Do Liste für das kommende Jahr“, sagt Ilse Hoffmann lachend zu Ge- sprächsbeginn. Und das zu Recht: Im Sommer verschlägt es etliche Radtouristen in den Ort und vor Nahversorgerin mit Elan Ilse Hofbauer hält in Röschitz (NÖ) unter Nah&Frisch-Flagge die Nahversorgung hoch EIN BLICK auf die Feinkost im Markt. TEXT: MAGDALENA KRANABITL → Dreijähriges Jubiläum → Lösungssuche Pfandautomat → 240 Quadratmeter Fläche HANDEL AKTUELL 32REGAL08-2023allem für die Einheimischen gelte der Nah&Frisch als beliebter Treffpunkt: „Es gibt sonst kein Kaffeehaus oder Bäckerei in Rös- chitz. Deswegen habe ich auch bis 12:30 Uhr geöffnet. Die Eis-Karte ist besonders beliebt.“ Bilanz. Nah&Frisch Hofbauer gibt es seit dem Frühjahr 2020. Die Anfangszeit war, der Pandemie geschuldet, nicht leicht, wie die ge- bürtige Röschitzerin erzählt: „Der Markt wur- de komplett neu gebaut. Bis zum Schluss stand in der Schwebe, ob wir mit Anfang April 2020 starten können. Damals lebte ich noch in Wien. Ich sah es als Zeichen, wieder in meinen Ge- burtsort zurückzukehren und nahm die Her- ausforderung an. Es ist mir wichtig, den Leuten im Ort etwas zurückzugeben.“ Zuvor leitete die Kauffrau eine Bäckerei und ein Café in Wien. Die ersten drei Jahre bezeichnet Hofbauer als herausfordernd. Dass sie für ihren Beruf brennt, wird schnell klar: „Ich bin sehr zufrie- den mit der Bilanz und mache den Beruf aus Leidenschaft. Die ersten drei Jahre habe ich auf Urlaub verzichtet. Heuer muss ich aber auf Wunsch meiner drei Mitarbeiter eine Woche Urlaub machen.“ Im Vorjahr konnte die Kauf- frau rund 560.000 Euro erwirtschaften. Der Markt. Auf 240 Quadratmetern Ver- kaufsfläche sind im Nah&Frisch über 1.000 Artikel zu finden. 30 Prozent werden der Fri- sche zugeschrieben. „Die Frische ist unser Haupt-Umsatzbringer mit 40 Prozent. Da der Markt schon um sechs Uhr aufsperrt, wird bei uns gerne das Frühstück oder die Jause ge- kauft.“ Vom Großhandel wird der Standort dreimal die Woche beliefert. Partner ist Kien- nast. Besonders am Herzen liegt der Wald- viertlerin die Region: „Zehn regionale Liefe- ranten versorgen mich, von Fleisch, Eiern und Kartoffeln bis hin zu Honig und Weinen. Hier ist es mir wichtig, Jungunternehmer zu unter- stützen.“ Pensionisten. Darüber hinaus brauche sie keine großen Mengen: „Ich bevorzuge Verpa- ckungen in kleinen Einheiten, etwa zwei Paar Frankfurter, anstatt zehn. Denn es kaufen zum Großteil ältere Personen ein und diese benöti- gen kleinere Portionsgrößen. Und allgemein wird viel zu viel weggeworfen.“ Regionale Pro- dukte würden, trotz Teuerung, noch oft im Einkaufswagerl landen. Pfand. Ein Pfandsystem-Automat fehlt mo- mentan noch im Markt. Dieser habe, laut Hof- bauer: „rein theoretisch“ keinen Platz im Markt. Um bis 2025 gewappnet zu sein, würde im Moment noch an einer Lösung getüftelt werden: „Vielleicht platzieren wir den Automa- ten hinten im Hof. Eventuell werden die nächs- ten Schritte in der Sitzung im Herbst beschlos- sen. Irgendeine Lösung werden wir auf jeden Fall finden.“ Benzinpreise. Ob ihr die hohen Benzin- preise in die Karten spielten, verneint Hofbau- er prompt: „Ich habe nicht bemerkt, dass die Leute weniger mit dem Auto gefahren sind und stattdessen mehr im Ort eingekauft haben. Mir wäre es wichtig, dass sich die Menschen die Mühe machen zu vergleichen, ob es sich ren- tiert, mit dem Auto in die rund 20 Kilometer entfernte Ortschaft Horn zu fahren oder statt- dessen gleich hier im Ort einzukaufen.“ Zukünftig wünscht sich die Kauffrau, dass die Nahversorgung einen höheren Stel- lenwert erhält: „Die Menschen sollten sich klar sein, wie wichtig die Nahversorgung ist. So mobil wie jetzt ist man möglicherweise im hö- heren Alter nicht mehr. Großkonzerne leben eh von selbst. Die Nahversorgung braucht ein- fach mehr Unterstützung, um beständig zu bleiben.“ Eigentlich dürfte Hofbauer in zwei Jahren in Pension gehen: „Wenn ich gesund- heitlich stets so fit bleibe, will ich den Nah&Frisch noch weitere fünf Jahre leiten. Die Arbeit bereitet mir eine Menge Freude und ich liebe Herausforderungen.“ → Nah&Frisch Facts: 240 m² Verkaufsfläche 30 % Frische regionale 10 Lieferanten Über 1.000 Artikel 3x Großhandel-Liefe- rung pro Woche, 3 Mit- arbeiter, 7 Parkplätze QUELLE: NAH&FRISCH DAS JAUSEN GESCHÄFT und regionale Produkte laufen sehr gut. AUSSENANSICHT Nah&Frisch Hofbauer, Röschitz (NÖ) HANDEL AKTUELL 33REGAL08-2023VON GREGOR SCHUHMAYER Heuer weniger Eröffnungen D ie Expansionsabsichten der Vertriebslinien des Han- dels sind etwas gedämpft. 2023 kann nur mehr mit etwa 750 echten Neuvermietungen ge- rechnet werden. Vor fünf Jahren war es noch etwa doppelt und vor zehn Jah- ren gar vier Mal so viel. Viele Unternehmen planen wohl den einen oder anderen Standort zu eröffnen. Die Zeit der starken Flächen- expansion ist jedoch für fast alle Un- ternehmen vorbei, betont RegioData. Die Gründe liegen im Wesentlichen beim Onlinehandel. Eine weitere Rolle spielt das darüber hinausgehende ver- änderte Kundenverhalten (bewusste- res shoppen, weniger shoppen,…). Leerstände. Grundsätzlich ist das Angebot an vermietbaren Flächen hö- her als die Nachfrage. Dies zeigt sich auch an den allmählich steigenden Leerstands-Raten in Innenstädten, HANDEL AKTUELL Handel bremst Expansion → Non-Food-Diskonter und Bäckereien aktiv → Top Lagen wie gute Innenstädte und Shopping Malls sind gefragt aber auch Shopping Malls und Retail- parks. Non-Food-Diskonter und Bäckereien sehr aktiv. Doch nicht alle Branchen zeigen sich hinsichtlich ihrer Expansion zu- rückhaltend. Besonders Non-Food- Diskonter (z.B. Action: insgesamt be- reits 95 Standorte, Pepco, Tedi) oder der Zoohandel (z.B. Fressnapf: insge- samt 140 Standorte) sind derzeit ex- pansiv unterwegs. Bei den Bäckereien ist ebenfalls eine Dynamik zu sehen, wobei die präferierten Standorte hier jeweils regional begrenzt sind. Auch der Lebensmittelhandel hat sein über Jahre hinweg hohes Expan- sionstempo in Summe gesehen zwar keineswegs gestoppt, aber deutlich eingebremst – ähnlich bei Drogerie- märkten. In Kürze Reaktionen Dr. Holweg wird Vize-Rektorin Dr. Christina Holweg, Associate Professor am Ins- titute for Retailing and Data Science an der WU Wien, wird Vize-Rektorin an der Montanuniversität Leoben. Sie übernimmt dort die Marketing-Agen- den. Graz Citypark Der 4.200 Quadratmeter große Interspar im Gra- zer Citypark wird kontinuierlich bis Sommer 2024 modernisiert. Europark Salzburg Die Erweiterung des Salzburger EKZ Europark um rund 8.000 Quadratmeter gilt als sehr wahr- scheinlich und politisch durch. 2025 soll der Aus- bau um rund 40 Millionen Euro finalisiert sein. KastlGreissler In Schandorf (Burgenland) wurde Standort Num- mer 20 in Österreich eröffnet. Im 15 Quadratme- ter großen SB-Shop werden bis zu 450 Produkte angeboten. Young & Urban: Neue Koordinatorin Mag. Anna Haas (28) ist bei Spar neue Young & Urban Koordinatorin in der Abteilung Frau Mag. Wiesmann (Lieferantenpolitik). Mag. Andrea Krai- hammer ist in Mutterschutz/Karenz gegangen. Anna Haas studierte in Innsbruck Internationale Wirtschaftswissenschaften, war dann bei Raiffei- sen und seit einem Jahr Kommunikationsmana- gerin bei Spar. Mag. Tanja Wiesmann ist Leiterin Lieferantenpoli- tik und Sortimentsstrategie. Mag. Robert Schaum- burger ist Leiter Einkauf. Billa Plus: Pottendorf In Pottendorf (NÖ) wird ein neuer Billa Plus errich- tet. Auch in Bau ist ein Billa in Oberwaltersdorf. Briefe an den Chefredakteur zu REGAL 6/7 2023 Sehr geehrter Herr Chefredakteur Dr. Schuhmayer, Mich freut es sehr, dass Sie in Ihrem geschätzten Fachmagazin REGAL die Bedeutung der selbst- ständigen Kaufleute so betonen. Sie haben so Recht! Vielen Dank dafür! Ich lese gerade das brandneue REGAL. Meine auf- richtige Gratulation! Sie betonen zurecht, wie wichtig und wertvoll die Kaufleute in Österreich sind! Danke auch für den schönen Bericht über unseren SPAR-Kaufmann Johannes Ebner in Bi- schofshofen! Und vielen Dank für den Bericht über Valentin Drexel in der SPAR-Regionalzentrale Dornbirn! Dr. Gerhard Drexel, Präsident des Aufsichtsrates, Spar Ich habe in der neuen REGAL Ausgabe geblättert und mit Freude Ihren schönen Beitrag zu meiner Key Note entdeckt – Klasse – vielen Dank! Haben wir gleich auf unserer Website verlinkt. Herzlichen Gruß nach Wien. Andreas Ebeling, Geschäftsführender Gesell- schafter, Brandmeyer Markenberatung, Hamburg 34 | REGAL 08-2023I n einer sich ständig verändernden Unternehmensumwelt sollten unternehmerische Entscheidungen auf Basis einer profunden Marktanalyse getroffen werden. Darüber herrscht Konsens, und angesichts der Digitalisierung war es für Unternehmen noch nie so einfach wie heute Informationen zu gewinnen. Durch den Einsatz moderner Technologien fallen im großen Umfang Daten an, die für die Marktanalyse sehr hilfreich sind. Die Gefahr in einer datenreichen Welt ist jedoch, dass nur jene Daten genutzt werden, die bequem zu be- schaffen sind. Traditionell lautet das Credo der Forschung allerdings, zu- nächst die entscheidenden Fragen zu stellen und dann zu überlegen, wel- che Informationen eingeholt werden müssen, um diese zu beantworten. Aufgrund der hohen Datenverfügbar- keit dreht sich die Herangehensweise heute oft um: Welche Fragen lassen sich mit den vorliegenden Daten beantworten? Nicht immer ergibt sich daraus ein vollständiges Bild. Was, wenn sich Fragen stellen, zu denen keine Daten vorliegen? Oder wenn man nicht nur wissen möchte, was Kunden tun, sondern auch warum sie sich so verhalten? Meine Empfeh- lung lautet, in der Marktanalyse vorliegende Daten mit unkonventionellen Methoden zu ergänzen. Beispielsweise bieten Beobachtungen am Point of Sale die Möglichkeit, tiefere Einsichten zu gewinnen. Um nur zwei Beispiele aus Projekten unseres Insti- tuts zu nennen: In einer Studie zur geringen Akzep- tanz einer Kunden-App haben Beobachtungen in der Kassenzone gezeigt, dass die Annahme bei älteren Konsumentinnen und Konsumenten daran scheitert, dass diese bei der Installation Hilfe benötigen wür- den. In einer anderen Untersuchung zu Herausforde- rungen von Omni-Channel Konzepten haben Myste- ry Shoppings in den Filialen Verbesserungspotentiale offengelegt, wie sich das Verkaufspersonal den Kun- den gegenüber verhalten sollte, wenn die Click&Col- lect Bestellung eines Artikels nicht geklappt hat. Studien dieser Art brauchen meist keine großen Fallzahlen. Schon die Beobachtung von wenigen Personen bringt oft neue Einsichten in Hintergründe und Motive. cordula.cerha@wu.ac.at GAST KOMMENTAR → VON DR. CORDULA CERHA, WU WIEN „Ein vollständiges Bild auf den Markt ergibt sich vor allem dann, wenn quantitative Daten und qualitative Einsichten einander ergänzen.“ IMPRESSUM Eigentümer: REGAL Verlagsgesellschaft m.b.H. Chefredakteur: Dr. Gregor Schuhmayer Redaktion: Stv. Chefredakteur: Mag. Robert Falkinger Chef vom Dienst: Mag. Herbert Schneeweiß Lisa Weber, BSc (WU), Mag. Verena Schneeweiß, Magdalena Kranabitl MA, Bakk. Phil., Mag. Clarissa Mayer-Heinisch (Selbstständig) Marketing: Mag. Franz Kahrer, Ing. Klaus Tesar, Robert Treitner, Dr. Martin Bauer (Selbstständig) Mag. Christoph Zitka (Selbstständig) Geschäftsführung: Mag. Roland Pirker Geschäftsführung Stv.: Mag. Angelika Wessely Anzeigencontrolling: Mag. Stefanie Dähmlow (MAS) Anzeigen- und Verlagsleitung: Mag. Stefanie Dähmlow (MAS) E-Mail-Erreichbarkeit: e-mail: sekretariat@regal.at e-mail/Abo: abo@regal.at e-mail/Neue Produkte: marketing@regal.at e-mail/Redaktion: lisa.weber@regal.at e-mail/Industrie&Verlag: angelika.wessely@regal.at e-mail/Anzeigen: stefanie.daehmlow@regal.at Alle: 1210 Wien, Floridsdorfer Hptstr. 1, Tel.: 1/368 67 13–11 Fax: 1/368 67 13–18 Abo-Preise: Jahresabonnement: € 55,– zzgl. 10 % MwSt., Auslandsabo: € 103,– Es gilt der Anzeigentarif Nr. 50. Advertorials sind be zahlte Einschaltungen. Für die Richtigkeit und Vollstän dig keit von per ISDN/e-mail übertragenen Dokumenten/ Anzeigen kann keine Verantwortung übernommen werden. Erscheinungsort Wien Verlagspostamt 1210 Wien Layout: Bureaucooper: Karin Klier Grafikstudio joh-berner Werner Supanz Druck: Berger, Horn Mut zu mehr Methoden- vielfalt in der Marktanalyse DR. CORDULA CERHA, Assistant Professor Institut für Retailing & Data Science an der Wirtschaftsuniversität Wien 08-2023 REGAL | 35S teigende Preise, Inflation und die Wege aus der Krise: Bei der diesjähri- gen Diskussion am REGAL-Bran- chentreff griff Dr. Cordula Cerha, As- sistant Professor WU-Wien, die heißesten Eisen auf. Dass vor allem der Lebensmittelhandel als Preistreiber und Sündenbock avancierte, stößt Spar-Vorstandsdirektor Mag. Markus Kaser sauer auf. Er quittiert die schnelle Wandlung des Lebensmittelhandels vom Corona-Helden zum gierigen Preistreiber mit Kopfschütteln. „Mich ärgert maßlos, was einige Politiker im Ministerrang in den letzten Wochen von sich gegeben haben. Ich habe selten so einen Blöd- sinn gehört. Diese Politiker, die vor kurzem den Handel noch gefeiert haben, haben aktuell eine Atmosphäre der Anfeindung geschaffen. Wir im Management halten diese Falschmel- dungen aus, aber die Kollegen in den Geschäf- ten haben sich diese miese Stimmung gegen den LEH nicht verdient.“ Und: „Entweder die Politik weiß es nicht besser, oder noch schlimmer, sie handeln so trotz besseren Wis- sens. Es kann nicht sein, dass das letzte Glied in der Wertschöpfungskette für einen ganz langen Prozess verantwortlich gemacht wird.“ Dabei springt Mag. Josef Baumgartner, Wifo-Ökonom, Kaser zur Seite. „Am Weltmarkt haben die Preise schon kurz nach der Corona- Krise anzuziehen begonnen, die Auswirkun- gen des Ukraine-Kriegs haben sich auf diese steigenden Werte noch draufgesetzt.“ Dabei ortet Baumgartner schon sehr hohe Preisstei- gerungen bei der Ur-Produktion. Die Folgen: „Die Wertschöpfungskette von Landwirtschaft Richtung Handel ist kurz. Starke Preissteige- rungen bei der Ur-Produktion machen damit auch beim Endprodukt einen größeren Anteil aus. Dazu haben wir gesehen, dass alle Verar- beitungsstufen mit höheren Treibstoff- und Gaspreisen sowie einer Teuerung bei Hilfsmit- tel ausgesetzt waren.“ Dazu attestiert Baumgartner Österreich ein sehr eingeschränktes Konsumklima. „Das hat mit der Höhe der Teuerung und der Inflati- on zu tun, die sich auch heuer bei rund 7,5 Pro- zent bewegen wird.“ Und das bei nur sehr leicht steigenden Haushaltseinkommen. „Der Aus- gleich der kalten Progression hat sich positiv ausgewirkt und auch die Indexierung der So- zialleistungen. Weggefallen ist der erhöhte Klimabonus. Damit steht eine leicht positive Entlastung zu Buche.“ Baumgartner sieht einen Die heißen Eisen: Inflation, Teuerung und Preise Diskussion am REGAL-Branchentreff → Spar-Vorstand Mag. Markus Kaser kritisiert Anfeindungen der Politik → Ursprüngliche Preis-Stabilität ist für Top- Team Zentraleinkauf-GF DI (FH) Manuel Hofer, MBA, nur mehr schwer zu erreichen DR. CORDULA CERHA, Assistant Professor WU-Wien TEXT: HERBERT SCHNEEWEISS 36REGAL08-2023größeren Schub bei den Netto-Einkommen für 2024. „Aber diese Entwicklung ist getrieben von höherer Lohnentwicklung. Hier erwarten wir ein Plus in der Gegend von vier Prozent. Es gibt weiter eine Knappheit an Arbeitskräften, was es der Gewerkschaft einfacher macht, ihre Forderungen durchzusetzen.“ Gerade in be- schäftigungsintensiven Branchen führe das zu empfindlicheren Kosten. Baumgartner warnt: „Die Gefahr ist, dass die Lohnstück-Kosten weiter steigen und wir insgesamt Boden gegen- über Deutschland und den Nachbarländern verlieren, weil unsere Wettbewerbsfähigkeit darunter leidet. Der Lohnanstieg war schon heuer höher als in Deutschland.“ Aber: „Der Beitrag von Lebensmitteln zur Gesamtinflati- on ist in Österreich etwas geringer als in Deutschland oder der Euro-Zone.“ Doch auch langjährige Partnerschaften bröckeln unter dem Eindruck des Teuerungs- hammers. „Das Verhältnis zwischen Industrie und Handel lief nie friktionslos. Aber: Wir haben zunehmend eine ,Friss oder stirb-Mentalität‘ gespürt. Die Botschaft des Industrie-Partners war klar: Entweder ihr nehmt den Preis an oder wir liefern nicht mehr“, so DI (FH) Manuel Hofer, MBA, Geschäftsführer Top-Team Zent- raleinkauf. Gerade bei großen Ausschrei- bungsgeschäften im Eigenmarken-Bereich gab es Abhängigkeiten. „Wir haben im letzten Jahr einiges verändert, sind auf mehr und andere Lieferanten umgeswitcht.“ Doch auch die Industrie wurde von Zulie- ferern im Regen stehen gelassen. „Letztes Jahr im Herbst dachte ich, dass wirklich alles in der Ukraine produziert wird. Von der Palette bis zum Sonnenblumenöl. Denn alle Rohstoffe sind von einem Tag auf den anderen massiv in die Höhe geschossen. Eine Euro-Palette koste- te heute noch sechs, morgen stolze 23 Euro. Das Argument: Es gibt keine Nägel und kein Holz mehr. Da haben sich einige ein Körberl- geld gemacht“, so Markus Marek, Managing Director Kelly. Österreichischen Partner-Betrieben stellte Hofer ein positives Zeugnis aus: „Öster- reichische Unternehmen waren in Sachen Preiserhöhungen durchwegs verhalten. Sie haben versucht nicht gleich die gesamte Breite der Steigerung weiterzugeben.“ Andere haben ihre Verhandlungsposition ausgenützt. „Wir haben bei einigen Warengruppen größere Preiserhöhungsforderungen gesehen als das MAG. JOSEF BAUMGARTNER, Wifo-Ökonom DI JOSEF BRAUNSHOFER , Berglandmilch-Chef DI (FH) MANUEL HOFER, MBA, Geschäfts- führer Top-Team Zentraleinkauf. „ Der Beitrag von Lebensmitteln zur Gesamtinflation ist in Österreich etwas geringer als in Deutschland oder der Euro-Zone.“ MAG. JOSEF BAUMGARTNER 37REGAL08-2023die Rohstoffmärkte gezeigt hätten.“ Berglandmilch-Chef DI Josef Braunsho- fer sieht die Molkerei-Branche von der aktuel- len Teuerungswelle schwer getroffen. „Da wir selbst sehr energieintensiv in der Erzeugung, aber auch unsere Verpackungsmaterialen Energiepreis-getrieben sind.“ Dazu wurde die Milchwirtschaft milchpreisseitig von Nord- deutschland gepusht. „Es sind die Preise in den letzten Jahren ganz stark auf internationa- len Commodity-Märkten angestiegen.“ Neben dem Preistreiber Energie waren aber auch „Nachfragesorgen“ der Hintergrund. Die Milchpreise zeigen Ausschläge nach oben und nach unten. „Die Milchpreise sind im letzten Jahr sehr gestiegen, aber im Moment wieder gefallen. Und wir haben diese gefallenen Preise auch den Kunden weitergegeben. Unsere Bauern müssen mit dieser Volatili- tät auch in der Zukunft wohl leben.“ Die Nachvollziehbarkeit von Teue- rungssprüngen bleibt immer öfters ver- borgen. „Ob Corona-Krise oder Suez-Kanal. Es wird immer etwas gefunden, warum es zu Preissteigerungen kommt. Berechenbar ist es nicht. Und dass in Kroatien ein Haushalt für die Kilowatt-Stunde Strom 9,7 Cent zu be- rappen sind, während in Österreich 64 Cent fällig werden, ist genauso unverständlich“, so Marek. Weitere nachvollziehbare Begründungen für Preisthematiken bleiben dagegen oft un- benannt. „Wir diskutieren nach wie vor über die Corona-Folgen und natürlich über die Aus- wirkungen des Ukraine-Krieges. Das wesent- lichste Problem ist aber die Entwicklung des Weltklimas. Das sehen wir tagtäglich in der Beschaffung. Da hatten wir es zuletzt etwa mit Überschwemmungen in Italien oder in Spani- en zu tun. Es kommt mehr zu Lieferengpässen und Lieferschwierigkeiten. Das ist eine Situa- tion, auf die wir uns einstellen müssen. Die Stabilität, die es früher gegeben hat, kann nur schwierig wieder hergestellt werden. Es wird die Volatilität bleiben“, so Hofer. Dabei brauche es aktuell keine Änderun- gen in der Langfrist-Strategie. „Der aktuelle Shift zum Preiseinstieg wird trotzdem unsere langfristige Strategie Richtung Nachhaltigkeit nicht beeinflussen. Uns wird deshalb in den nächsten Wochen die Frage beschäftigen, wie sich unsere Partner mit wissenschaftsbasierten Klimazielen auseinandersetzen. Dort wollen wir den Fokus setzen.“ Auch Braunshofer unter- streicht: „Wir setzen weiter keine Gentechnik im Futter ein, es gibt keine Futtermittel aus Übersee, kein Glyphosat, kein Palmfett. Wir bleiben hier drauf. Die Reduktion auf den Preis als des einzigen Werts des Lebensmit- tels müssen wir wegbekommen.“ Und Ma- rek: „Wir haben zwei sehr starke Marken in Österreich mit Kelly und Soletti und haben dementsprechend in den letzten drei Jahren unsere Werbeausgaben beibe- halten und natürlich weiter auf Innovatio- nen gesetzt. Die brauchen wir, die braucht der Handel und auch der Konsument und hier gehört eine Markenführung dazu, die wir auch sehr ernst meinen.“ Acht bis zehn Innovationen aus dem Hause Kelly gäbe es weiter per anno. Und für Kaser steht fest: „Wir können uns nicht aus der Krise herausjammern, sondern nur herausarbeiten. Die Strategie von Spar hat sich durch die Inflation nicht verändert.“ MAG. MARKUS KASER, Spar-Vorstand BAUMGARTNER (2.v.l.): „Schub bei Netto-Einkommen wird 2024 höher als im Jahr 2023 sein.“ HEISSE DISKUS- SIONEN am REGAL-Bran- chentreff „ Wir setzen weiter keine Gen technik im Futter ein, es gibt keine Futter- mittel aus Übersee, kein Glyphosat, kein Palmfett.“ DI JOSEF BRAUNSHOFER , 38REGAL08-2023REGAL BRANCHENTREFF 2024 20. Juni 2024 08-2023 REGAL | 39 GEWISTA Als Marktführer im Bereich Out of Home setzen wir immer neue Standards in der Außenwerbung. Wir haben daher auch keinen „one size fits all“-Ansatz, denn unsere Kund:innen haben immer unterschiedliche Ziele. Manche wollen Reichweite buchen, andere Kund:innen brauchen ein granulares Targeting für ihre Werbung, wieder andere eine dynamische Ausspielung der Kampag- ne. Bei letzterer können wir uns zum Beispiel an Wetter oder Öffnungszeiten orientieren. Das macht Out-of-Home auch so spannend, da wir alle Kunden- bedürfnisse erfüllen können. REISMÜHLE NUTREX Die Reismühle Nutrex hat sich zum ersten Mal am REGAL Branchentreff präsentiert. Wir haben diese Gelegen- heit genutzt, um interessante Gespräche zu führen und Kontakte zu knüpfen. Erfreulich war die positive Resonanz auf unser Crown Selection Sortiment. Die Möglichkeit, unsere Produkte vor Ort verkosten zu lassen, war ein großer Erfolg. Wir freuen uns darauf, auch in Zukunft an solchen Veranstaltungen teilzunehmen und unsere Produkte einem breiteren Publikum vorzustellen. MARZEK ETIKETTEN+ PACKAGING Perfekt aufeinander abgestimmte Etiketten- und Verpackungslösungen mit kompetenter Beratung für Handel und Industrie trafen auf ein interessier- tes Fachpublikum. Besonderen Anklang fanden unsere hochveredelten Etikettenkreationen mit Relief- und Heißfolienprägung für eine Sonder- abfüllung der Stieglbrauerei – und natürlich die Verkostung der Bier spezialität. Produkte, Marken, Innovationen Mitte Juni war es wieder soweit. Über 1.000 Besucher strömten in die Wiener Messe Halle C zum großen REGAL Branchentreff 2023. Führende Köpfe aus Handel und Industrie gaben sich ein Stelldichein. Über 60 Aussteller zeigten eine temporeiche Show der neuesten Ideen und Trends aus den Bereichen Food, NonFood und Dienstleistung. Eine bunte Welt der Inspiration. Ein Tor zu neuen Umsatzchancen. Unternehmen Sie auf den folgenden Seiten selbst eine informative Reise durch die abwechslungsreiche und dichte Produktwelt der vielen Aussteller. Zahlreiche Aussteller zeigten die neuesten Trends BRANCHEN20 ↙ TREFF ↗ 23Next >