< Previous„Die Nebenkosten explodieren, auch für die Energie muss künftig tief in die Tasche gegriffen werden. Auch die Rohstoff-Preise werden anziehen. Die Branche ist mitten drinnen in der Preis- spirale nach oben.“ Fleisch, Wurst, Grillen MAG. HERBERT SCHNEEWEISS Redaktion REGAL REGAL SCHWERPUNKT Großes REGAL-Fleisch- und Wurst-Forum: Umsätze im LEH steigen, Bauern schlagen Alarm Marken stürmen 100 | REGAL 2-2022 die Fleisch- Branche 2-2022 REGAL | 101FLEISCH, WURST, GRILLEN D er Fleischmarkt ist massiv in Bewe- gung geraten. Die Corona-Krise er- schütterte die bisherigen Umsatz- Anteile. Der LEH avancierte zum Mega-Profiteur. Denn: Fleisch- und Wurst- produkte im Wert von 5,773 Milliarden Euro gingen in den verschiedenen Vertriebskanä- len des Handels in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 über die Ladentische. Ein sat- tes Plus von 14,9 Prozent zum Vor-Corona-Ni- veau. „Und das ganz klar zu Kosten der Gast- ronomie“, erklärt KeyQuest-Geschäftsführer Mag. Johannes Mayr am REGAL Fleisch/ Wurst-Forum. Das Ausfallen der Gastro- Märkte hatte auch einen Effekt auf die Bio- Entwicklung der Branche. „Viele Junge, die einen Teil ihres Konsums im Außer-Haus- Verzehr abbildeten, haben in der Pandemie- Zeit in den eigenen Haushalten konsumiert.“ → LEH-Umsatz steigt auf 5,773 Milliarden Euro, ein Plus von 14,9 Prozent zum Vor-Corona-Niveau → Fertiggerichte boomen, Goldgräberstimmung bei Imitaten RollAMA Marktentwicklung RollAMA Total (alle Warengruppen der RollAMA) Marktentwicklung wertmäßig (in Mio. Euro) +4,0%+0,7%+14,6%+0,3%Ver. zu VJP 4 7944 9865 0225 7575 773 27,326,6 27,5 27,527,4 63,5 64,3 64,4 63,7 63,9 9,2 9,1 8,1 8,8 8,7 2017aufl2018aufl2019aufl2020aufl2021aufl Nicht LEH LEH ohne Diskont Diskonter Seite 1 von 25 RollAMA 3. Quartal 2021 © AMA Marketing - Feldarbeit: GfK Austria / Auswertung: KeyQUEST Marktforschung TEXT: HERBERT SCHNEEWEISS Ein Boost für den Bio-Bereich. „Wir liegen zwar erst bei einem umsatzmäßigen Anteil von 11,2 Prozent, aber das Wachstum in den letzten Jahren war deutlich stärker als vor der Corona-Zeit.“ Insgesamt liegt das Segment Fleisch und Geflügel bei 5,8 Prozent, Wurst und Schinken bei 3,8 Prozent. „Im Vergleich zu den anderen Frische-Themen sind wir hier REGAL Fachforum Sponsored by:FLEISCH, WURST, GRILLEN noch in einem überschaubaren Be- reich.“ Plus bei Fertiggerichten. Doch es gibt noch andere Gewinner der Krise. Fertiggerichte boomen. In den Corona- Jahren wuchs die Warengruppe massiv um 22 Prozent im Absatz und 24 Pro- zent im Umsatz. „Der Fleisch- und Wurst-Absatz ist mit dem Markt mitge- gangen.“ Dazu herrscht bei den Imitat- produkten Goldgräberstimmung. „Im ersten Halbjahr 2021 zeigte sich ein wertmäßiges Plus von 30 Prozent.“ Eine Entwicklung, die sich sowohl bei Vleisch (+ 40 Prozent), Vurst (+ sieben Prozent), Fege (+ 47 Prozent) und bio- logischen Fleischimitate (+ 22 Prozent) abgezeichnet. Beachtenswert: „25,7 Prozent der Haushalte haben 2021 be- reits Imitat-Produkte gekauft.“ Die Ent- wicklungen laufen auf Hochtouren. Alternative Proteinquellen wer- den gesucht. Geht es nach Professor Dr. Stefan Schillberg, Institutsleiter Fraunhofer IME, dann braucht es eine konsequente Suche nach Future Pro- teins, nach alternativen Proteinquel- len. „70 Prozent des Frischwassers wird in der Landwirtschaft verwendet, 33 Prozent der Lebensmittel geht bei der Lagerung und Transport verloren. Es braucht eine Reduzierung der Le- bensmittelverluste, technologische- und managementbezogene Verbesse- rungen sowie eine Umstellung der Er- nährungsgewohnheiten“, so Schillberg weiter. Nachsatz: „Wir beschäftigen uns mit Landwirtschaft in geschlosse- nen Räumen.“ Mit der Pilotanlage Or- biPlant wurde Vertical-Farming vor- angetrieben. Protein-Ansatzpunkte gibt es aber auch bei der Insektenkultivie- rung, bei Einzeller-Proteinen, Mikro- algen, Aquakultur, Aquaponics sowie cultured meat. „Sicher ist, Proteine aus pflanzlichen Quellen sind be- kannter und akzeptierter im Vergleich zu Pilzen und Insekten.“ Und: „Anwen- dungen in Fleischalternativen sind für den Konsumenten klar vorstellbarer als bei Back- und Teigwaren sowie Milchalternativen.“ Die Landwirt- schaft mahnt zur Differenzierung Bauernschaft in Gefahr. Vegane Verarbeitungsprodukte stehen für Landwirtschaftskammer-Präsident Jo- sef Moosbrugger generell auf dem Prüf- stand. „Es gilt zu hinterfragen, ob diese Produkte, deren Bestandteile zum Teil aus vielen fraglichen Regionen der Welt kom- men, nachhaltiger ist, als das Urprodukt Fleisch.“ Moosbrugger warnt vor einer Schizophrenie von Handel und Gastro- nomie. „Es ist Wettbewerbsverzerrung, wenn Ware ins Land geholt wird, die hier- zulande in dieser Form gar nicht produ- ziert werden darf.“ Stalltüren werden zu- gehen, so der oberste Bauern-Vertreter. „Wenn Landwirte nicht leben gelassen werden, dann wird es keine Produktion in Österreich mehr geben.“ Die Stimmung in der Landwirtschaft ist angespannt. Nur 51 Prozent der Bauern fühlen sich geschätzt. „Dabei hätten 94 Prozent der Bevölkerung ein positives Bild vom Landwirt und der Landwirtschaft. Fremd- und Selbstbild klafften massiv auseinander.“ Hinter- grund: Das Einkommen befinde sich seit zehn Jahren stabil auf niedrigem Niveau. „Dabei haben wir aktuell mit massiv stei- genden Betriebsmitteln zu kämpfen. Al- lein der Düngerbereich ist um 250 Prozent gestiegen.“ Produktionsweisen müssten demnach angepasst werden, aber „das Gegenteil ist der Fall. Die Gesellschafts- wünsche nehmen immer mehr zu.“ Ein wichtiges notwendiges Tool für Moos- brugger ist weiter „die verpflichtende Her- kunftskennzeichnung für verarbeitende Produkte und der Gastronomie.“ Eigenversorgung bei Schweine- fleisch wackelt. Auch DI Dr. Johann Schlederer mahnt vor einem Wackeln der Schweinefleisch-Eigenversorgung (derzeit: 102 Prozent). „Österreich ist in der Jahres- brutto-Produktion mit 4,65 Millionen Schweine nur noch auf Platz neun.“ Ten- denz sinkend. Schlederer: „Die Eigenver- sorgung ist ein hohes Gut. Im Supermarkt wachsen keine Schweine, höchstens Schimmelpilze.“ Die Anzahl der Schwei- nehalter ging in den letzten 25 Jahren be- reits massiv von 115.000 auf 20.000 zurück. Die Hintergründe: Stagnierende Deckungs- beiträge in den letzten 20 Jahren sowie eine prekäre Situation im Export. „Spanien und Deutschland können zu völlig anderen Kosten, viel billiger, produzieren als Öster- reich. Brasilien und USA können diese Zahlen noch einmal unterbieten. Wir ha- ben eine kleinstrukturierte Bauernschaft und haben uns auch dazu entschlossen, nicht auf die biologische Leistungsfähig- keit der Tiere zu gehen.“ Dazu bringen Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich Josef Moosbrugger Werner Ellersdorfer, Vertriebsleiter Adeg Wolfsberg DI (FH) Christian Lauer, Leiter GS1 Trace DI Werner Habermann, GF ARGE Rind und EZG Streitdorf REGAL Fachforum Sponsored by:FLEISCH, WURST, GRILLEN neue Tierschutz-Kriterien der Branche deutliche Mehrkosten. Und dennoch: Den Erzeugerverbänden glückte das Auf- legen eines Zehn-Jahres-Plans. „Bis 2030 wollen wir eine Million Schweine in ver- schiedenen Tierwohl-Standards zur Ver- fügung stellen und damit einen Markt- anteil zwischen 20 und 25 Prozent erreichen.“ Neben der Herkunftskenn- zeichnung sei ein wichtiger Hebel die nachhaltige öffentliche Beschaffung. „Bis 2030 soll 100 Prozent Fleisch aus den höheren Standards gekauft werden. Die Erzeugergemeinschaften bieten die not- wendige Ware an.“ Master-Plan 2030. Und auch AMA- Marketing Bereichsleiter Andreas Herr- mann spricht von einem starken Mas- ter-Plan bis 2030, „der helfen wird das Tierwohl-Segment im Schweine-Be- reich noch stärker am Markt zu positio- nieren.“ 150.000 Schweine werden aktu- ell im Tierwohl-Standard abgewickelt, eine Million sollen es werden. Stich- wort: Gütesiegel-Flut. Dabei sieht Herr- mann Handels-Zeichen mit dem AMA- Gütesiegel nicht auf Kollisionskurs. „Das AMA-Gütesiegel bietet hier stets die wichtige Klammer.“ Probleme für Zerleger und Ver- arbeiter. Schwierigkeiten bereitet der Gütesiegel-Dschungel aber den Zerle- ge- und Verarbeitungsbetrieben. „Die häufigen Chargenprogrammwechsel gehen klar an die Prozessleistung“, erklärt Robert Mühlecker von RM-Consult. Fleischkonsum. Der globale Fleischkon- sum wird bis 2030 generell zulegen. ARGE Rind-Chef DI Werner Habermann spricht von einem Plus von 21 Prozent in China oder 29 Prozent in Afrika. „In Europa werden die Men- gen um fünf Prozent zurückgehen.“ Die aktuelle Situation ist darüber hinaus ge- prägt von einer europäischen Produkti- ons-Reduktion. „Auch in Österreich sehen wir ein Minus von 1,9 Prozent.“ Regionali- tät und Nachhaltigkeit sind die Schlüssel- themen. „Wir müssen uns generell wieder von Importen unabhängig machen. Gera- de, was auch Kalbsfleisch betrifft.“ Her- kunftskennzeichnung und die Gastrono- mie sind die Hoffnungsmärkte. Neue Wege gefragt. „Wenn einer un- serer Bauern sich einen neuen Traktor leistet, dann vergönne ich ihm diesen auch. Ob Vorlieferant oder nachgelagerter Händler, jeder muss eine Marge bekom- men, die ihm auch Spaß macht“, erklärt Gourmetfein-Geschäftsführer Mag. Flori- an Hippesroither. Die Oberösterreicher haben sich einen geschlossenen Kreislauf aufgebaut. 46 Schweine- und 160 Rinder- bauern beliefern das junge Unternehmen in Michaelnbach. „Wir wollten die Hal- tungsformen unserer Bauern beeinflus- sen und haben uns dabei für eigene Zu- schläge und Abnahmegarantien kommit- tet.“ Gentechnikfreiheit, Glyphosatfreiheit und Fütterung mit europäischen Soja sind wichtige Eckpunkte. „Wir haben uns vom Börsepreis entkoppelt und wollen einen stets fairen Preis zahlen.“ Dazu spricht sich Hippesroither für eine Herkunftsr- kennzeichnung aus. „Für uns ist das bei jeder Packung, bei jedem Stück Realität. Wir weisen überall unsere Bauern aus.“ Information und Komplexität nimmt zu. Geht es nach GS1-Projektleiter DI (FH) Chris- tian Lauer, dann bietet gerade die GS1 Tools, die Wertschöpfungskette auf Chargenebene sichtbar zu machen. Die Komplexität der In- formation nehme zu. „Bis 2030 wird der Kon- Mag. Udo Kaubek, GF Meinl am GrabenMag. Johannes Mayr, GF und Inhaber KeyQuest Marktforschung Mag, Andreas Herrmann, AMA-Bereichsleiter Mag. Florian Hippesroither, MBA, GF Gourmetfein DI Dr. Johann Schlederer, GF VLV und Österreichische Schweinebörse REGAL Fachforum Sponsored by:perutnina.com Kaum bahnen sich die ersten Sonnenstrahlen ihren Weg durch die abklingende Winter-Wolkendecke, wird der Grill angeschmissen.Qualitativ hochwertige Hühnerfleischprodukte wie marinierte Hühnerflügel, Hühnerkeulen, feine Spieße … dürfen beim Grillen auf keinen Fall fehlen. Diese Köstlichkeiten sind in der Grill-Saison nicht mehr wegzudenken. Perutnina BBQ Hühnerfleisch ist zart, saftig und knusprig - natürlich soll nur das Beste vom Besten auf den Rost. Es ist wieder soweit, BBQ TIME!FLEISCH, WURST, GRILLEN Mag. Tanja Dietrich-Hübner will Fleisch- und Wurst-Artikeln auch künftig nicht aus den Regalen verbannen. „Die Nach- frage ist da. Was ich aber sehe, ist noch Luft nach oben im Bio-Bereich und auch bei Tierwohl.“ Transparenz ist gefragt. „Es braucht Marken, die hier ganz klar positioniert sind.“ Trend-Artikel. Für Spar-Direktor Mag. Alois Huber sind es Spezialitäten, Artikeln aus Qualitätsprogrammen, Convenience und Portionsschnitte in Skin-Verpackun- gen, die im Trend liegen. Themen, die auch 2030 nachgefragt werden. Transpa- renz sei gefordert. „Hier haben wir mit dem AMA-Gütesiegel seit 25 Jahren ein wichtiges Instrument an der Hand. So sind wir auch zum absoluten Marktführer im Fleisch-Bereich geworden.“ Umsätze bei Imitaten noch beschei- den. Adeg Wolfsberg-Vertriebschef Wer- ner Ellersdorfer hält fest: „Der Trend im Wurstbereich geht Richtung Regionalität. Koch- und Schinkenprodukte aber auch Speck und Hauswürstl werden vermehrt beim regionalen Bauern gekauft.“ Bei Fleisch greift der Konsument vermehrt auf hochwertigeres/teureres Fleisch. Das ge- samte Segment sei wichtig. „Für uns als Adeg Wolfsberg, aber auch für die gesamte Branche. Es sind umsatzstarke Sortimente sowie Frequenzbringer und speziell im Wurstbereich stimmt auch noch die Span- ne.“ Und zur Entwicklung: „Der Wurst-Bereich ist stabil. Die Kunden bevorzugen nach wie vor Wurst vor Schinken und Rohwurst. Bei Frischfleisch gibt es in der Bedienung einen Rückgang von rund fünf Prozent zu verzeich- nen.“ Skeptisch zeigt sich Ellersdorfer bezüg- lich Imitatprodukten: „Der Umsatz ist bei uns doch noch sehr bescheiden.“ sument noch mehr Information an der Theke, am Regal bekommen, der Kunde noch mehr über das Produkt wissen wollen.“ Umdenken in der Gastro gefragt. „Es wird nicht mehr alles in jeder Men- ge und je derzeit geben“, sagt Robert Zeller Sales Director Meat Solutions bei Osi Foods. Es brauche eine Auftragspro- duktion. „Planung, ehrliche Kommuni- kation sowie Partnerschaften sind im- mer wichtiger.“ Unumstößlicher Eck- punkt im Unternehmensverständnis ist dabei ein weit über den gesetzlichen Standards abgesichertes Qualitätsni- veau und eine Nachhaltigkeit, die bei allen Bereichen mitgedacht wird. „Das ist auch der Kern des Marken-Schutzes für unsere Top-Kunden.“ Insgesamt zählt die Osi-Gruppe 50 Produktions- standorte in 17 Ländern und einem Umsatz von sechs Milliarden Euro. Vielfalt wird sinken. Mag. Udo Kaubek, Meinl am Graben-Geschäfts- führer, sieht das Flaggschiff im ersten Wiener Bezirk als Spezialisten im Fleisch- und Wurst-Bereich. „Wir ver- kaufen 80 Prozent in Bedienung, 70 Prozent betreffen in der Fleischtheke das Segment Rind.“ Auch ausländische Ware sei gefragt. Geht es nach Kaubek, dann ist Bio kein Allheilmittel. „Der Geschmack muss genauso vorhanden sein wie bei konventioneller Ware.“ Für 2030 kündigt Kaubek ein weiteres Einbüßen von Vielfalt an. „Convenience wird mehr werden, im Wurst-Bereich werden Produkte ver- schwinden, dagegen werden wir vielleicht 47.000 Schinken-Varianten sehen.“ Fleisch- und Wurst steht nicht vor der Auslistung. Rewes Nachhaltigkeitschefin Prof. Dr. Stefan Schillberg, Insitutsleiter Fraunhofer-Institut Robert Zeller, Sales Director OSI Meat Solutions Dipl.-HLFL-Ing. Robert Mühlecker, Gründer & GF RM-Consult Mag. Alois Huber, Spar-Direktor Mag. Tanja Dietrich-Hübner, MAS. REWE International AG, Leitung Stabstelle Nachhaltigkeit REGAL Fachforum Sponsored by:18 Millionen Euro Umsatz bei Wiesbauer Dunahús. Zehn Millionen Euro bei Land- metzgerei Senninger. Beide Tochter- Unternehmungen spielten Rekord- Werte ein. Und auch beim Stamm- haus in Inzersdorf konnte die magische Marke von 100 Millionen mit insgesamt 105 Millionen Euro neuerlich durchbrochen werden. Selbst das Corona-Sorgen-Kind Wies- bauer Gourmet zeigt Erholungsten- denzen und sprang von 50 auf 52 Mil- lionen Euro. Insgesamt legt Wiesbau- er-Chef Thomas Schmiedbauer einen stabilen Gruppen-Umsatz von 185 Millionen Euro auf den Tisch. „Wir sind mit einem blauen Auge davonge- kommen“, so Wiesbauer-Chef Thomas Schmiedbauer. Doch bei einem stür- mischen und rauen Marktumfeld bleiben die Sorgenfalten. Hinter- grund: Die Preisspirale dreht sich un- aufhörlich nach oben. Nebenkosten explodieren. Und es sind jetzt vor allem die Nebenkos- ten, die explodieren: „Wir erleben diesen Schub bereits seit über einem halben Jahr. Ob Folien, Kartonagen, Etiketten, Gewürze und auch Perso- nal. Wir sprechen hier von Steigerun- gen um 20 bis 25 Prozent“, erklärt Schmiedbauer weiter. Fertig unter- zeichnete Vorbestellungen und Kon- trakte werden von Partner-Betrieben einseitig geöffnet und nochmals er- höht. „Wir haben im September Fo- lien vorbestellt und im Dezember den Anruf bekommen, dass wir, wenn wir die Ware wollen, nochmals zwölf bis 15 Prozent Erhöhung hinnehmen müssen. Da geht es mittlerweile auch um Verfügbarkeiten.“ Energiekosten als weiteres Pro- blemfeld. Doch auch ein Ausblick auf die nächsten Monate zeigt keine Ent- spannung, im Gegenteil. „Die Ener- giekosten, die aktuell auf uns einpras- seln sind massiv und in die aktuelle Kosten-Misere noch gar nicht mitein- berechnet.“ Dabei wird Schmiedbau- er konkret und spricht von einem Stromkosten-Plus zwischen 1,4 und 1,5 Millionen Euro. Und das alleine für das Stammhaus Wien. Keine Spielräume mehr. Eine alarmierende Situation, denn: „Unse- re Produkte waren schon in den letz- ten Jahren sehr knapp kalkuliert. Wir haben mit dem Handel jede, kleine REGAL-Exklusiv- Gespräch mit Wiesbauer-Chef Thomas Schmiedbauer Umsatzhoch trotz Preisspirale → Umsatz der Gruppe bei 185 Millionen Euro stabil → Investitionen in Gönyu (Ungarn) und Wien TEXT: HERBERT SCHNEEWEIß 108 | REGAL 2-2022FLEISCH, WURST, GRILLEN Möglichkeit der Preisreduktion aus- gereizt. Da gibt es keine Chance die Mehr-Kosten über Monate zu schlu- cken. Das geht Woche für Woche an die Substanz.“ Die Rechnung ist für Schmiedbauer klar. Um die Kostenla- wine in Griff zu bekommen, müssen die Preise quer über alle Produkte steigen. „Wir benötigen eine Preiser- höhung von sechs bis acht Prozent.“ Forderungen, denen der Handel der- zeit noch nicht nachkommen will. „Wir bräuchten jetzt ein faires Mitein- ander, um rasch den Druck zu lösen.“ Neue Kostenwelle. Denn die nächste Kostenwelle rauscht bereits heran. „Aktuell betreffen noch alle Teuerungen Nebenkosten, doch auch bei den Rohstoffen zeichnet sich be- reits eine Tendenz nach oben ab.“ Zeit für taktische Spiele bleibt nicht. „Wir können diese Entwicklungen am Rohstoffmarkt nicht abwarten und erst dann über Preiserhöhungen re- den. Es braucht jetzt die Lösungen.“ Herkunftskennzeichnung. Auch eine obligatorische Herkunftskenn- zeichnung von verarbeiteter Ware könnte die Lage noch verschärfen. „Ich verschließe mich diesen Forde- rungen nicht. Wir müssen aber ge- nauer hinsehen. Das würde zu einer weiteren Verknappung der Rohstoffe in Österreich führen. Wir haben jetzt schon beim Schweinefleisch eine preisliche Diskrepanz von 20 Cent pro Kilogramm zwischen rot-weiß-roter und deutscher Ware. Diese Situation würde sich weiter verschärfen.“ Dazu braucht es nach einer dementspre- chenden Kennzeichnung auch inner- betriebliche Neuaufstellungen. Quer über die gesamte Branche. „Nämlich dann, wenn der Betrieb über einen gesun- den Exportanteil verfügt.“ Bei Wiesbauer schlugen sich die dafür notwendi- gen Software-Adaptierun- gen alleine mit 400.000 Euro zu Buche. Investitio- nen, die gerade für mittel- ständische Unternehmen zu einer Herausforderung werden könnten. Der Weg zum Luxus- Gut wäre damit vorpro- grammiert. „Dabei ist es doch weiter so, dass sich der Kunde gerne bei Ver- schleuderungs-Aktionen des Han- dels eindeckt.“ Trotz den Forderun- gen nach mehr Tierwohl, Clean-La- bel-Produkten, Nachhaltigkeit und Klimaneutralität fällt die Entschei- dung am Regal oft anders aus. „Der Kunde schaut weiter auf den Preis, goutiert diese Bemühungen nur ein- geschränkt.“ Investitionen. Sichere Prognosen seien in diesem Umfeld der Kosten- explosion und des Fachkräfte-Man- gels sehr schwierig zu treffen. Des- halb hat Wiesbauer auch bei seinen Investitionsplänen nachjustiert. „Wir haben uns für eine sichere Variante entschieden.“ Rund 15 Millionen Euro sollen nun bis 2024 investiert werden. Als erster Schritt mit Baube- ginn Ende 2022. „Dabei planen wir einerseits die Vergrößerung der Pro- duktionsfläche um 1.500 m2 sowie die Installierung eines Hochregalla- gers.“ Darüber hinaus si- cherten sich die Wiener ein Nebengrundstück inklusive Lagerhalle mit 3.000 Palettenplätzen. „Wir müssen unsere Ka- pazitäten erhöhen und werden uns Betriebsmit- teln in größeren Mengen auf Lager legen.“ Der im Herbst angedeutete Aus- bauplan will Schmied- bauer jetzt als Master- Plan über mehrere Jahre abarbeiten. Ungarn. Auch in Un- garn werden die Bagger vorfahren. Zehn Millio- nen Euro sollen in Gönyu bereitge- stellt werden. Die Produktionsfläche soll „um ein Vielfaches“ erhöht wer- den. „Der Zeitplan sieht vor, dass wir bis 2024 den ersten Bauabschnitt rea- lisiert haben.“ Innovationen. Die ständigen Preisgefechte beeinflussen die Inno- vationsmaschinerie. Dennoch: „Wir haben gerade im Snack-Bereich eini- ge Neuheiten in der Hinterhand. Da- bei geht es um Mono-Artikel ange- lehnt an der Bergsteiger Junior, die mit reinrassigen Rohstoffen herge- stellt werden. Wir warten den geeig- neten Moment ab, um diese Artikel zu launchen.“ Darüber hinaus arbei- tet Schmiedbauer mit Ernährungs- wissenschaftler zusammen, um ge- eignete Hybrid-Artikel auf den Weg zu bringen. „Es wird diese Produkte aber erst dann geben, wenn das Wichtigste – der Geschmack – stimmt. Ich kenne am Markt aktuell nichts, was mit einem herkömmli- chen guten Fleisch-Artikel konkur- rieren könnte.“ Vegane Artikel ne- giert Schmiedbauer. „Das kann es unter der Marke Wiesbauer nicht ge- ben. Das wäre nur unter einem eige- nen Dach vorstellbar.“ 2022. Ein Ausblick auf das Jahr 2022 fällt schwer. „Wir wollen aber unsere Absätze zwischen zwei Unter- und fünf Prozent Oberlatte steigern.“ Bei Wiesbauer Gourmet wird es ein harter Weg zurück. „Gerade in Wien gibt es weiter eine Touristen-Flaute. Dennoch hoffen wir, dass wir heuer den nächsten Schritt von 52 auf 60 Millionen Euro machen können.“ → Wiesbauer: Umsatz Gruppe: 185 Millionen € Umsatz Dunahús: 18 Millionen Euro Landmetzgerei Senninger: 10 Millionen Euro Investition (bis 2024): rund 15 Millionen € Quelle: Wiesbauer 2-2022 REGAL | 109Next >