< PreviousHANDEL AKTUELL Handels- und Markenexperte Prof. Dr. Christoph Teller über den Big Bang bei Rewe in Österreich. Was steht hinter der prompten Umstellung von Merkur auf Billa Plus und kann die Spar ihren Platz an der Spitze halten? INTERVIEW: ANNA LENA WAGNER Wie stark wird Billa Plus? Prof. Dr. Christoph Teller von der Johannes-Keppler-Universität in Linz im REGAL-Gespräch REGAL: Wie sehen Sie die Umstellung von Merkur auf Billa Plus? Prof. Dr. Christoph Teller: Es ist sicher zu früh, den Erfolg der Marken- eliminierung von Merkur und der gleichzeitigen Markendehnung von Billa zu bewerten. Man muss warten, bis sich der Rauch der massiven Marketing- kommunikationsmaßnahmen verzogen hat. Für mich ist so ein „Ölwechsel bei voller Fahrt“, wie es Rewe hiermit durchführt, natürlich sehr interessant. Interessant deswegen, da das Narrativ rund um die Umstellung wenig-dimensio- nal gehalten wird. Hätten Sie die Umstellung anders erwartet? Ich hätte mir erwartet, dass Merkur als Marke und all das Positive, das Konsu- menten damit verbunden haben, vor der Elemination vor den Vorhang geholt würde. Und damit gleichzeitig kommuniziert worden wäre, was das Plus von Billa jetzt genau ausmacht oder ausmachen wird. In Zeiten wie diesen, wo man nur mehr mit Storytelling die Menschen wirklich effektiv erreicht, hätte Rewe die Core Benefit Propo- sitions von Merkur noch stärker betonen können. Klar ist, dass Rewe eine tolle Geschichte zu erzählen hat(te). Was hinter dem Plus jetzt wirklich steht, wird sich zeigen. Was glauben Sie, steckt hinter dem Plus? Billa Plus wird hoffentlich mehr werden als nur ein Billa-Format auf großer Verkaufsflä- che. Ich bin gespannt und in der Hoffnung, dass es etwas anderes wird, etwas, das die Herzen der Konsumenten höherschlagen lässt und sich so behaupten wird. Gerade in einem so konzentrierten LEH-Markt wie in Österreich gilt eines für Indust- rie und Konsumenten gleichermaßen: Vielfalt erfreut! Hat Sie der Big Bang der Merkur- Stores überrascht? Ja, natürlich! Für Trauerarbeit hat sich Rewe wenig Zeit gelassen. Das ist sicher bitter für die eingefleischten Merkur- Kunden. Frei nach dem Motto, lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Ganz verschwindet die Marke ja nicht, aber es ist ein schneller Tod auf Raten. Was sind Nachteile solch einer Umstel- lung? Der Nachteil ist eben die Markenwertver- brennung, die den Standardisierungsef- fekten gegenübersteht. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass sich Rewe den Umstieg genauestens durchgerechnet hat, Kopfentscheidung eben. Jetzt muss man nur mehr die Herzen der Konsumenten gewin- nen. Im Handel geht es nicht nur um Zahlen, sondern auch um Emotionen. Wird Spar die Marktführerschaft halten können? Der Wechsel an der Spitze war für Spar ein „ Für Trauer- arbeit hat sich Rewe wenig Zeit gelassen.“ PROF. DR. CHRISTOPH TELLER, JOHANNES- KEPPLER-UNIVERSITÄT 30 | REGAL 04-2021 REGAL_030_031_04-2021_Teller_ 3029.04.2021 15:37:34DER NEUE BILLA PLUS in Strasshof (Niederösterreich) www.marcher.at CONVENIENCE | WURST & SCHINKEN | SALAMI | FLEISCHLOS Meilenstein und wichtig für das Image. Eine Konsequenz von harter Arbeit und vielleicht auch Trotz, sich nicht mit der Nummer Zwei zufriedenzugeben. Hut ab, Gratulation und weiter so! Aber Achtung, Erfolg wird ja nicht nur in der (Umsatz-)Größe gemessen. Vielen Dank! ■ England: Diskonter im Aufwind ERST CORONA, DANN BREXIT. Die Pandemie, das weiß Handels- und UK-Experte Prof. Dr. Christoph Teller von der Johannes-Keppler- Universität, hat England vergleichsweise wie Österreich getroffen. „Der LEH ist auch im Vereinigten Königreich als zentrale und solide Säule der Volkswirtschaften hinter dem Vor- hang hervorgetreten“, so Teller gegenüber REGAL. „Hohe Umsatzzuwächse inklusive.“ Brexit. Die Hälfte, der im UK konsumierten Lebensmittel werden importiert – fast ein Drittel kommt aus der EU. Bei Frischeproduk- ten liegt der Anteil über 60 Prozent. Die Maßnahmen, die der LEH dort trifft, so das britische Marktforschungsinstitut Kantar, sind: Fokus auf längere Shelf-Lives von Produkten, Investitionen in Regionalität, Produktauslistun- gen, Kommunikationskampagnen zu saisona- len Essengewohnheiten, stärkere Customiza- tion von Outlets hinsichtlich des jeweiligen lokalen Klientels. Tesco vor Sainsbury, ASDA und Morrisons. Die Big Four im UK bleiben. Doch ein frischer Wind weht: deutsche Diskonter gewinnen an Markt- anteilen. „Die Bedeutung der Diskonter ist noch nicht mit deren Rolle bei uns vergleich- bar, aber in der Krise werden Diskonter für viele salonfähig.“ A.-L. WAGNER REGAL_030_031_04-2021_Teller_ 3129.04.2021 15:37:35HANDEL AKTUELL TEXT: HERBERT SCHNEEWEISS → GF Haider erwirbt 80-Prozent-Anteil vom bisherigen Eigentümer Mag. Georg Pfeiffer und verfügt nun über 100% der Gruppe → Gruppen-Umsatz steigt auf 440 Millionen → Neuer Tankstellen-Vorstoß mit Kiennast Haider kauft Unimarkt Unimarkt, Pfeiffer Nah&Frisch GH sowie Logistik betroffen K nall-Effekt bei Unimarkt. Min- derheitseigentümer Dkfm. Andre- as Haider holt zum großen Schlag aus und ist ab sofort Alleineigentü- mer der gesamten Gruppe. Damit ist Haider nicht nur Chef der Unimarkt-Flotte, son- dern erwirbt das Nah&Frisch-GH-Geschäft des ehemaligen Pfeiffer-Reichs und den 50-Prozent-Anteil am Top Team-Zentral- einkauf. Dazu ist das Lager in Seiersberg durch einen langfristigen Mietvertrag für die Unimarkt-Gruppe abgesichert. Der bis- herige 80-Prozent-Eigentümer Mag. Georg Pfeiffer zieht sich aus dem Handelsgeschäft zurück, bleibt aber Vorsitzender des Auf- PRÄSIDENT MAG. GEORG PFEIFFER (55), links, verkauft nun auch die Uni- markt-Gruppe und tritt als Unternehmer von der LEH-Bühne ab. Käufer ist Uni- markt-Langzeit-Ma- nager Dkfm. Andreas Haider (52). 32 | REGAL 04-2021 Unimarkt.indd 3201.05.21 05:58CUPPER IST NATURAL, FAIR & DELICIOUS 100 % Bio B-Corp zertifiziert Nachhaltige Verpackung Hochwertigste, fair gehandelte Bio-Zutaten Ungebleichter Teebeutel mit Bio-Baumwollfaden, ohne Metallklammern und Sachets aus Papier Höchste soziale und ökologische Standards ES GIBT CUPPER TEAS ZU LIEBEN VIELE GRÜNDE Jetzt ordernsichtsrats. Über den Kaufpreis wurde Still- schweigen vereinbart. Der Gesamtumsatz der Unimarkt Gruppe belief sich 2020 auf 440 Millionen Euro. 325 Millionen Euro entfallen dabei auf die 129 Unimarkt-Geschäfte (63 Eigen- filialen, 66 Franchise-Standorte). Der Rest wird über die Nah&Frisch-Kaufleute und der Pfeiffer Logistik abgewickelt. „Der von uns eingeschlagene Weg zu einer Kaufleu- te-Organisation und zum regionalsten Händler des Landes war und ist erfolgreich. Die Ergebnisse 2020 bestärken uns“, so der gebürtige Oberösterreicher. 2019 lag der Gruppen-Umsatz noch bei 420 Millionen Euro. Dabei will Haider seine Flotte weiter privatisieren. „Wir wollen mittelfristig 100 Unimarkt-Standorte an Franchise-Partner übergeben und 30 Geschäfte als Eigen-Fili- alen führen.“ Dazu soll das eben erst ge- launchte Unibox-Konzept voll einschlagen. „Grundsätzlich gibt es hier österreichweit die Chance auf 500 Multiplikationen.“ Ak- tuell wird die Expansions-Power noch von Corona gebremst. „Es ist derzeit nicht im- UNIMARKT IN NEUHOFEN, Bezirk Linz-Land 21 NAH&FRISCH PUNKT-STANDORTE sind am Netz KÜNFTIG WIRD UNIMARKT über die Tochter Unik das Nah& Frisch Punkt- Format forcieren mer leicht von den Behörden die notwendi- gen Genehmigungen zu bekommen.“ Zu den neuesten Haider-Plänen zählt auch ein Eigenmarken-Vorstoß. So bringt Unimarkt die Linie „Unipur“ in Stellung. Zum Start sind 50 Produkte geplant. Mit Jahresende 2021 soll die Range auf 100 Artikel anwach- sen. „Schon 35 Pro- zent des LEH-Um- satzes entfällt auf Eigenmarken. Dem- entsprechend bre- chen immer mehr B-, C- und D-Mar- ken weg. Aus unter- nehmerischer Sicht war es notwendig zu re- agieren“, erklärt Haider im REGAL-Gespräch. Bei Unimarkt liegt der Eigenmarken-An- teil aktuell bei rund zehn Prozent. Fünf Pro- zent gehen auf „natürlich für uns“ zurück. 4,5 Prozent auf „Jeden Tag“. „Wir haben bei unserer Bio-Marke im LEH-Bereich 300 Arti- kel aufgeschalten. Im Preiseinstieg stehen wir bei einer Anzahl von 250“, so Haider. Während die biologische Schiene laufend er- weitert wird, soll es bei „Jeden Tag“ zu kei- nem großen Ausbau kommen. „Unser Part- ner Markant könnte rund 1.000 Produkte an- bieten. Ich sehe den Bereich mit der aktuel- len Dimension aber bereits konsolidiert.“ Ausrichtung. „Unipur“ wird in der Sor- timentspyramide oberhalb des Preisein- stiegs und unter der Marken-Qualität ange- siedelt. „Ich gehe davon aus, dass wir mit- telfristig auf einen Anteil von fünf bis zehn Prozent kommen.“ Sämtliche Lieferanten kommen aus Österreich. „Wobei wir die erste Preis-Leistungsmarke im österreichi- schen Lebensmittelhandel anbieten kön- nen, die komplett CO 2 -neutral und auch HANDEL AKTUELL 34 | REGAL 04-2021 Unimarkt.indd 3401.05.21 05:58Entdecke das beste Axe aller Zeiten. neues Design. verbesserte Formulierung. AXE_Cash_A4_Relaunch_RZ.indd 107.04.21 16:29noch zu 100 Prozent gentechnikfrei ist“, so Haider. Unipur ist als Food-Marke konzipiert und wird für keine Non Food-Artikel einge- setzt. „Die Eigenmarke wurde inhouse und in der Zusammenarbeit mit Top Team reali- siert.“ In Kürze wird die Linie auch bei den Nah&Frisch-Kaufleuten angeboten und ist auch im neuen Format „Unibox“ erhältlich. Noch eine weitere Front eröffnet Haider. „Wir haben uns seit Jahren nicht mit dem Tankstellengeschäft beschäftigt, wollen das aber nun gemeinsam mit dem Großhan- delshaus Kiennast in Angriff nehmen.“ Zu- sammen mit dem Garser Familienbetrieb wurde die Firma „Unik“ aus der Taufe geho- ben. Der Fokus: die Belieferung von Tank- stellen- und Convenience-Shops mit rund 1.000 Versorgungspunkten. „Wir haben uns in diesem Feld in den letzten Jahren noch nicht bewegt, können aber Kiennast mit un- serer Sortimentsbreite unterstützen.“ 4.600 Artikel werden künftig über Unik abgewi- ckelt. Auch logistisch wird die Unimarkt-Grup- pe für die neu gegründete Unik Aufgaben übernehmen. Die in Gars vorkommissio- nierte Ware wird über den Unimarkt-Dreh- scheiben Graz und Traun (für Kunden in West-Österreich) feinverteilt. Ein neues Tankstellen-Konzept steht nicht auf der Agenda. „Wir vertrauen auf Nah&Frisch Punkt“, so Haider. Nachsatz: „Gibt es eine entsprechende Anfrage, dann könnten wir aber auch neue Brands entwickeln.“ DKFM. ANDREAS HAIDER UND MAG. JULIUS KIENNAST (re) gehen mit der neuen Tochter Unik an den Start REGIONALES SORTIMENT bei Unimarkt Unik wird seine Geschäftstätigkeit mit Mai beginnen. „Wobei wir als Großhandelshaus Kiennast unseren Kundenstock einbringen“, so Geschäftsführer Mag. Julius Kiennast. Da- bei geht es um rund 250 Kunden und einen Umsatz von zwölf Millionen Euro. Darunter Partner wie Obi oder Doppler. „Wir halten derzeit bei 21 Nah&Frisch Punkt-Realisierun- gen. Diese Anzahl soll aber laufend ausgebaut werden“, so Kiennast. Die Rede ist von einer Multiplikation von zehn weiteren Shops. HANDEL AKTUELL 36 | REGAL 04-2021 Unimarkt.indd 3601.05.21 05:58www.ideal-ake.at Flexible Waren- Präsentation in der goldenen Shop-Mitte Caleo setzt Produkte perfekt in Szene und ist dabei beliebig kombi - nierbar. Vom heißen Snack zu frischem Sushi, von Salat oder Obst zu Brot oder Sandwiches – passend zur Tageszeit! Variationsreiche Speisenvielfalt den ganzen Tag hinweg WARM. KALT. UNGEKÜHLT. Kalte und warme Zutaten werden optimal präsentiert, individuell zubereitet, und schnell aus der integrierten Bevorratung nachbestückt. Betrieb auch in Selbstbedienung möglich. CALEO VARIO FOOD COUNTERHANDEL AKTUELL Ein Leben D ie Region Osttirol ist ein wunder- schönes Land. Es grenzt an Salz- burg und Kärnten sowie an die ita- lienischen Regionen Trentino (in Südtirol) und Veneto (Venetien). Außerdem treffen sich dort die massiven Gebirgsketten der Hohen Tauern mit jenen der Karnischen Alpen. Die Drau ist im Oberlauf. Romantik und Idylle pur. Neben Tourismus und Indust- rie ist das dritte Standbein der Region der Handel. Seit Jahren kämpfen in Lienz, der Metropole Osttirols, die Big Player des LEHs um Standorte. 47 Jahre lang war Michael Aichner passio- nierter Adeg-Kaufmann und hatte viele un- terschiedliche Funktionen bei Adeg, aber auch in der Wirtschaftskammer sowie in un- terschiedlichen Vereinen, inne. Dieses Jahr, mit 67, hat er – verdienterweise – seinen Ru- hestand angetreten. Fünf Standorte. Als erster Sohn eines Adeg-Kaufmannes wurde dem Hobbysport- ler das kaufmännische Handwerk in die Wie- ge gelegt. Anfangs noch im elterlichen Ge- mischtwarenhandelsbetrieb in Abfalters- SCHLÜSSELÜBERGABE in Abfaltersbach an Kaufmann Karl KOFLER 38 | REGAL 04-2021 ADEG Aichner.indd 3801.05.21 06:11TEXT: ANNA LENA WAGNER → Fünf Adeg-Märkte: Zwei in Lienz, und je einer in Abfaltersbach, Kartitsch, und Huben →Digitalisierung als Bereicherung für Kaufleute →Vorreiter in puncto Regionalität →Osttirol: Konzentrierte Handelslandschaft HANDEL AKTUELL für den Handel bach, nennt Aichner im Laufe seiner 47 Berufsjahre fünf Adeg Standorte in Osttirol sein Eigen. In Abfaltersbach, Kartitsch, zwei Märkte in Lienz und in Huben führte Aichner über die Jahre hinweg zwei private sowie drei Filial-Märkte. Von 80m² bis 500m² Verkaufs- fläche war dem Kaufmann keine Herausfor- derung zu groß – auch wenn nicht jeder Markt eine „Erfolgsstory“ war. „Manche Standorte gehen einfach nicht, egal, wie viel Standort- forschung betrieben wird“, so Aichner und bezieht sich damit auf einen Adeg-Markt in Lienz, den er nach 14 Monaten übergeben hat und der mittlerweile eine Billa-Filiale ist. Nachfolge. Der letzte Markt, den Aichner vor der Pension übergab, war der Adeg-Markt in Lienz in der Tristacherstraße. „Die Nach- folge habe nicht ich bestimmt, aber Adeg hat gute Kaufleute für die Standorte gefunden“, erklärt der 67-Jährige und meint damit Mar- tin Mair, der seinen letzten Adeg Markt über- nahm. Das Geschäft in Abfaltersbach, in Aichners Wohnort, hat er bereits 2019 an Karl Kofler übergeben, der zuvor auch den Adeg Märkte in Debant führte. Michael Aichner aus Osttirol geht nach 47 Jahren als Adeg-Kaufmann in Pension. Ein Leben für Adeg und den Handel ADEG-MARKT MAIR in Lienz in der Tristacherstraße MICHAEL AICHNER mit Familie Mair 04-2021 REGAL | 39 ADEG Aichner.indd 3901.05.21 06:11Next >