< Previous„Alles ist momentan inflationär.“ Wuchterl ergänzt: „Kaufleute sind vor allem im ländlichen Lebensraum. Wenn dieser attraktiv bleiben soll, darf das nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben. Es müssen auch gewährleis- tende Maßnahmen getroffen werden.“ Die Infrastruktur entwickle sich sehr langsam bis gar nicht – in gewissen Gegenden werde die Zeit knapp. Auch die Kostenproblematik möch- te der Nah & Frisch Geschäftsführer nochmals ansprechen. Der Energie- kostenzuschuss II sei noch immer nicht abgeklärt und dennoch „prügle“ man auf den Handel ein: „Den Handel als letzten in der Wertschöpfungskette zu prügeln ist falsch. Wir sind preisge- trieben – nicht preisschaffend.“ K aufmannsläden schreiben eine lange Geschichte in Ös- terreich. Als, oft einziger, Nahversorger in kleinen Or- ten kämpfen sie für die ausreichende Belieferung der alltäglichen Lebens- mittel und Kleinwaren für die Ein- wohner. Ein Job, der nur mit Herzblut und hochgekrempelten Ärmeln erle- digt werden kann. Der Branchentreff schaffte heuer Raum für eine Bestandsaufnahme. Nah & Frisch Geschäftsführer Hannes Wuchterl, WKO Obmann und Euro- spar Kaufmann Christian Prauchner sowie der deutsche Kollege Cyriacus W. Schultze, Geschäftsführer Food And Wine Culture & Gründer der Cla- tu Gruppe, standen Moderatorin Petra Rudolf Rede und Antwort. Inflation und Kosten. Die Modera- tion startet mit der Analyse der derzei- tigen Herausforderungen. Prauchner gibt sich dabei abgeklärt: „Lebensmit- tel sind einer starken Inflation ausge- setzt“, die Situation hinter der Spanne für Kaufleute verschärfe sich. Dem Gegenüber stünden die bekanntlich gestiegenen Kosten von Strom und Co. Die Zukunft der Kaufleute REGAL-Talk mit Branchenkennern: KR Christian Prauchner, Eurospar Kaufmann und WKO Obmann im Lebensmittelhandel, Nah&Frisch GF Mag. Hannes Wuchterl sowie Cyriacus W. Schultze, GF Food And Wine Culture TEXT: LISA WEBER → Kosten steigen → Inflation macht Lage schwierig → Energiekosten- zuschuss fehlt MAG. HANNES WUCHTERL Nah&Frisch Geschäftsführer CYRIACUS W. SCHULTZE, Geschäftsführer Food And Wine Culture KR CHRISTIAN PRAUCHNER, Eurospar Kaufmann und WKO Obmann im Lebensmittelhandel 70REGAL06/07-2023Vorteile der Selbständigkeit. In- flation, Energiekosten, fehlende För- derungen. Ein harter Einstieg ins The- ma. Aber was ist denn dann nun der Vorteil daran, selbstständig zu sein? Für Prauchner ganz klar: die Sache an sich. „Wir sind wirklich selbstständig. Ich als Unternehmer entscheide. Die Möglichkeiten sind weitreichend. Gleichzeit ist man froh, einen Partner an der Seite zu haben, der Teile des Organisatorischen übernimmt.“ Schultze sieht es ähnlich: „Ihr Geld, Ihre Entscheidung. Unabhängigkeit hat viele Vorteile.“ Von Seiten Nah & Frisch wird her- vorgehoben: „Kaufleute haben ihren eigenen Zugang, ihr eigenes Geschäft. Ich glaube intensiv an das Modell, es ist ein extrem starker Ansatz. Oft fehlt es aber an passenden Rahmenbedin- gungen.“ Das Konzept Kaufleute etabliert sich seit Langem – die Erfolgsfaktoren erklärt sich Wuchterl wie folgt: „Sie ar- beiten für ihren eigenen Erfolg. Sie ge- hen mit einer ganz anderen Energie, Kreativität und Willen an die Sache. Kaufleute arbeiten näher am Kunden und sind teilweise jahrzehntelang am selben Standort.“ Dadurch entstünde ein ganz anderes, breiteres Know-How über die Vorlieben der spezifischen Kundenschicht. Auch starke Partner im Großhandel tragen zum Erfolg bei – so könne der Kaufmann für den Kun- den da sein. Für Eurospar Kaufmann Prauchner käme auch kein anderes Modell in Frage. „Die Seele des Selbst- ständigen LEH ist nicht zu unterschät- zen.“ Kaufleute seien häufig das sozia- le Zentrum ihrer Orte am Land und sorgen für einen Treffpunkt für die Bevölkerung. MODERATORIN Petra Rudolf mit Kaufmann Christian Prauchner, Cyriacus W. Schultze, GF Food And Wine Culture sowie Nah&Frisch GF Hannes Wuchterl (v.l.) MIT IM PUBLIKUM sitzen auch zahlrei- che Branchenkollegen. In der Bildmitte: Adeg-Kauffrau Anita Mitter.Auch heuer ging es wieder heiß her beim REGAL Start-up Pitch. Sechs Jungunternehmer konnten sich gegen zahlrei- che Mitbewerber durchsetzen und die Möglichkeit nutzen, sich der gesamten Branche auf der REGAL-Bühne zu prä- sentieren. Bühne frei für Newcomer Am REGAL Start-up Pitch 2023 sprudelte es an Innovationskraft TEXT: MAGDALENA KRANABITL → Sechs Jungunternehmer im Duell → 30.000 Euro Medienguthaben V on Indoor-Pilzfarmen über Teegranulat zum Auf- lösen bis hin zu Hunde-Le- ckerlis aus Insektenprotein war alles dabei. Der Hauptgewinn: ein Medienguthaben im Wert von 30.000 Euro für REGAL und ProSieben/Sat.1/Puls 4. Darüber hi- naus erhielt das Gewinnerteam von Loopos die Betreuung der ersten Loopos The Reusables Display-Akti- on zum Marktstart. Zwei Minuten Präsentationszeit, gefolgt von einer achtminütigen Fragerunde von Top- DIE JURY: ANDREA KRAIHAMMER, Spar Lieferantenpolitik & Sortimentsstrategie, MARKUS KUNTKE, Head of Trend and Innovation der Rewe Group Austria, HEINRICH PROKOP, Managing Director & Founding Partner Clever Clover und KATHARINA SCHNEIDER, Unternehmerin, Business Angel und Mentorin (v.l.n.r.) 72 | REGAL 06/07-2023MAG. ROLAND PIRKER, GF REGAL, DAS GEWINNER- TEAM: MAXIMILIAN MARIEL, LUKAS WESSELICH und CHRISTIAN KODER (Gründertrio Haku- ma), DANIEL SAFA- RAITH, Key Account- Manager ProSiebenSat1 Puls 4 und Moderatorin BIANCA SPECK (v.l.n.r.) FUNCTIONAL PREMIUM DRINKS PFLANZLICHE PREMIUM TEA & OAT DRINKS MIT NATÜRLICHER FUNKTION BIO GEWINNERSTART UP PITCH 2023 Entscheidungsträgern der Branche runde- ten den Pitch ab. Die hochkarätige Exper- tenjury setzte sich aus Andrea Kraihammer, Spar Lieferantenpolitik & Sortimentsstrate- gie, Markus Kuntke, Head of Trend and In- novation der Rewe Group Austria, Heinrich Prokop, Managing Director & Founding Partner Clever Clover und Katharina Schneider, Unternehmerin, Business Angel und Mentorin, zusammen. Moderiert wur- de von Bianca Speck. Gewinner. Mit einer absoluten Glanz- leistung, die gesamte Fachjury vergab vier- mal die Bestnote eins, und Top-Bewertun- gen seitens des Publikums, konnte in die- sem Jahr der österreichische Vorreiter veganer Matcha Tea Drinks „Haku- ma“ den ersten Preis absahnen. Das Wiener Start-up gibt es seit sieben Jahren. Die Idee, Matcha mit Früch- ten zu kombinieren, kam dem Jung- unternehmer-Trio während einer Asienreise in den Sinn. Im Vorjahr konnten 1,4 Millionen Euro erwirt- schaftet werden. Seit dem Frühjahr investiert Hakuma auch in weitere europäische Märkte, um die pflanz- liche Latte-Revolution ferner voran- zutreiben. Feurig scharf ging es auf der Bühne im Anschluss beim Pitch des Start-ups „Mühlviertler Feuerzeug“ her. Von Hibiskus Heidelbeere, Brombeere Fichte bis hin zu Citrus Popcorn tüftelt das Mühlviertler Unternehmen mit Spitzenköchen an neuen Kreationen für die Ver- kaufsregale. „Regionalität und Bio steht bei uns klar im Mittelpunkt. Die Kernzielgruppe stellen 25- bis 40-Jährige dar, die gerne kochen und experimentieren. Wir sind be- reits in ausgewählten Billa, Spar und Unimärkten gelistet“, erzählt der Chilisaucen-Gründer Christian Dlapka. Tee ohne Beutel. Das Unterneh- men Teaballs aus Hessen sagt trop- fenden Teebeuteln und zu langen Ziehzeiten den Kampf an. Wie das funktioniert, erklärt Erfinder Simon Schmidt im Detail: „Durch unsere innovative Technologie brauchen wir weder Teebeutel noch Ziehzeit. Die Kügelchen lösen sich in kurzer Zeit rückstandslos auf und sind so- fort trinkbereit.“ Teaballs sind klei- ne Presslinge aus Extrakten sowie natürlichen Aromen, verpackt in kleinen Glasflaschen aus der, je nach Dosierung, bis zu 70 Tassen Tee ge- trunken werden können. „Unsere Produkte können auch als Lutsch- bonbon, im Cocktail, Joghurt, Sekt oder Milch genossen werden.“ Vierbeiner. Hundefutter aus In- sektenprotein? Die Gründer Gloria Castka, Inès Haddu und Max Kern haben sich mit dem Start-up gs’hund zum Ziel gesetzt, die Tierfutter- branche nachhaltig umzukrem- peln. Die Rezepte werden gemein- sam mit Tierärzten und Hundeer- nährungsberatern entwickelt. Neben diversen Leckerli-Sorten gilt das Schleckerli-Hundeeis als High- light in der Produktpalette. Das Start-up SpawnX baut und verkauft automatische Pilz-Stadtfar- men. Gestartet in Russland, will Gründer Vladimir Kaverin, aufgrund des Krieges, nun in Österreich einen totalen Neuanfang wagen. Mit den sogenannten City-Farmen sollen, laut Kaverin, Transportverluste mi- nimiert werden: „Ich hatte die Idee, GEWINNER LUKAS WESSELICH am Stand von Hakuma CHRISTIAN und ULRIKE DLAPKA von „Mühlviertler Feuerzeug“ die Pilzfarmen so nah wie möglich an Käufern zu platzieren. So wurde die Kernidee des Start-ups geboren.“ Reoat. Der Hauptbestandteil ei- nes Pflanzendrinks ist Wasser. War- um also Wasser von A nach B trans- portieren, wenn man es ohnehin zu Hause hat? Dem wollen die Gründer Valérie Gott und Benjamin Binder Anhand von Hafermilchpulver der Marke Reoat entgegenwirken. „Ne- ben dem Verzicht vom Milchkarton- Geschleppe ist auch die Verpackung kleiner, sprich weniger Müll“, so das Gründer-Duo. Neben dem Hafer- milchpulver gibt es neuerdings auch vegane Pancake Mixe. SIMON SCHMIDT (r) von Teaballs 74 | REGAL 06/07-2023GLORIA CASTKA und INÈS HADDU von GS‘HUND (v.li.) Reoat Gründerduo BENJAMIN BINDER und VALÉRIE GOTT VLADIMIR KAVERIN, Gründer von SpawnX ZWEI MINUTEN PRÄSENTATIONSZEIT, gefolgt von einer achtminütigen Fragerunde. Beim REGAL Start-up Pitch ging es wieder heiß her auf der Bühne.↗23 Alpencola: Erste Listungserfolge Mühlviertler Feuerzeug: Umsatz zeigt weiter nach oben „Geschmacklich waren uns die han- delsüblichen Saucen immer schon zu langweilig. Die meisten Saucen aus dem Handel haben keine wirkliche Seele“, schaut Firmen-Chef Christian Dlapka auf die Anfänge seines Start- up-Unternehmens Mühlviertler Feu- erzeug zurück. Als dann auch noch die Liebe zu Chili-Pflanzen aufloder- te, startete auch das Experimentieren mit Chilisaucen. „Aus diesem Hobby wurden durch erste Erfahrungen auf Weihnachtsmärkten dann Firmen und Wiederverkäufer auf uns auf- merksam und so gründeten wir das Label Mühlviertler Feuerzeug“, so Dlapka. Danach ging es schnell. Die Oberösterreicher holten sich das Know- how von Spitzenköchen ins Boot. „Wir haben mit Topgastronomen wie Lu- kas Nagl, Lukas Kienbauer und Max Stiegl entsprechende Rezepte kreiert.“ Das Motto ist dabei immer das glei- che: „Himmlische Schärfe, höllisch guter Geschmack“. Dlapka: „Es geht um die Raffinesse der jeweiligen Sau- cen-Sorte und nicht um die Schärfe. Wir nutzen Schärfe um den Ge- schmack besonders hervorzuheben.“ Umsatz. Der Umsatz ist mittler- weile auf rund 500.000 Euro hinauf- geklettert. „In den nächsten fünf Jahren wollen wir diesen Umsatz ver- doppeln.“ Das Produktportfolio um- fasst mittlerweile 16 verschiedene Bio-Chilisaucen, ein Chiliöl und ein Grill- und BBQ-Gewürz sowie drei Sorten Chiliketchup. Insgesamt sind die Produkte in rund 150 Geschäften erhältlich. „Mittlerweile haben wir in allen Bundesländern und auch schon in Deutschland Vertriebspart- ner. Das sind Feinkostenläden, Spe- zialitäten – und Bio-Läden, sowie auch private Geschäfte im Lebens- mitteleinzelhandel.“ Darüber hinaus gibt es bei Billa Plus in Oberöster- reich erste Listungen. „Hier sind wir mit fünf Sorten im Regionalbereich platziert.“ Regionlität. Dabei lebt Mühlviertler Feuerzeug Regionalität. „Wir setzen auf Regionalität und kurze Lieferwege, zu- dem sind alle Rohstoffe in Bio-Qualität. Die Gemüsesorten stammen alle bis auf wenige Ausnahmen von oberösterrei- chischen Bio-Gemüsebauern. Alle Pro- dukte der Manufaktur werden in der hauseigenen Produktion hergestellt. Hier gibt es keine Lohnherstellung oder Fremdvergaben. Damit bleibt die Qua- lität auch immer in gleicher Form.“ Firmen-Chef Christian Dlapka: „Himmlische Schärfe, höllisch guter Geschmack“ 250.000 Dosen Alpencola setzt Lionade derzeit pro Jahr ab. „2025 wollen wir diese Zahl schon auf rund fünf Millionen Euro ausbauen“, erklärt Geschäfts- führerin KommR Mag. Eva Ch. Prader gegenüber REGAL. Die Idee wurde im Lockdown geboren. „Das ist das erste Cola, das auch für Kinder geeignet ist. Das Alpencola verfügt über weniger Kohlensäu- re und Zucker als vergleichbare Getränke“, so Pra- der. Darüber hinaus kommt die Innovation ohne Coffein aus. Stattdessen stecken Vitamin C, B 6 und B 12 in der Dose. Abgefüllt wird in Nieder österreich. Auch die ersten Listungserfolge haben sich einge- stellt. „Wir sind bei der Rewe für die Adeg gelistet und sind darüber hinaus mit einigen Großhändlern im Gespräch“, so die Geschäftsführerin.Geschäftsführerin KommR Mag. Eva Ch. Prader 78 | REGAL 06/07-2023Lebensfreude und GENUSS www.bayernland.deNext >