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Dr. Peter Schnedlitz, em. Handels-Professor

interview: Gregor Schuhmayer

Interview mit dem em. Handels-Professor Dr. Peter Schnedlitz

Bleibt Spar vorne?

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  • Spar ist Fels in der Brandung
  • Diskonter steuern auf Art „Midlife Crisis“ zu
  • Universitäten zu wenig in der Praxis

REGAL: Spar hat im Vorjahr die Marktführerschaft im Lebensmitteleinzelhandel übernommen. Glauben Sie, dass sich Spar längerfristig an der Spitze des Marktes behaupten wird können?
Prof. Dr. Peter Schnedlitz:
Spar ist zum „Fels in der Brandung“ geworden. Einmal mehr wird der Vorteil eines Familienunternehmens deutlich. Bei derart geringen Abständen zwischen den Marktführern kann sich das Blatt auch rasch wieder wenden.

Billa startet nun im Herbst mit Kaufleuten. Halten Sie das für einen guten Weg und welche Chancen könnten sich für Billa mit Einzelhändlern ergeben?
Wenn ich es richtig verstehe, will man erfolgreichen Mitarbeitern eine Chance auf Selbständigkeit bieten. Für diese werden aber nur die besten Standorte interessant sein. Mittelfrist birgt das die Gefahr, dass die Eigenfilialen erodieren. Ich durchblicke nicht ganz, welche strategischen Ziele Rewe damit verfolgt.

Aufgrund der Teuerung und der geringeren Kaufkraft der Österreicher boomen unter anderem billige Preis-Einstiegsmarken sowie Aktionen. Im Prinzip hätten eigentlich die Diskonter von dieser Situation mehr profitieren müssen. Worauf führen Sie die Stagnation beziehungsweise das verhaltene Wachstum am Diskontmarkt zurück?
Mit rund 40 Prozent ist der Handelsmarkenanteil in Österreich besonders hoch. Dies ist vor allem eine Konsequenz des Erfolges der Diskonter und eine Auswirkung des Kopf-an-Kopf-Rennens der Marktführer. Gleichzeitig sollte man registrieren, dass die Diskonter auf eine Art „Midlife-Crisis“ zusteuern. Die Schärfung des Preisprofils sollte die Rückkehr zu alten Tugenden untermauern. Jedenfalls macht sich allen Orts eine gewisse Orientierungslosigkeit und Hektik breit. Und für Online gibt es noch keine tragfähigen Konzepte.

Mit welcher Inflation rechnen Sie heuer und welche Maßnahmen wären sinnvoll, um diese einzudämmen?
Das kommt sehr auf den Warenkorb an, den man betrachtet. Händler beklagen immer mehr, dass Lieferanten „Preistreiberei“ versuchen und als Trittbrettfahrer Vorteile aus der aktuellen Krise schlagen wollen. In der Tendenz werden die Preissteigerungen bei Gütern des täglichen Bedarfs ehrfahrungsgemäß über der durchschnittlichen Inflation liegen.

Es fehlen im Handel Tausende an Mitarbeitern. Worauf führen Sie das zurück und welche Maßnahmen müssten ergriffen werden, um wieder mehr Mitarbeiter für den Handel zu gewinnen?
Mehr Wertschätzung und mehr Gehalt, das sind die zwei Schrauben, an denen gedreht werden muss. Da sollten sich auch die Universitäten neu orientieren. Sie bilden eher Nachwuchs für den Elfenbeinturm aus. Der Handel benötigt dagegen Mitarbeiter, die mit Menschen zu tun haben wollen. „Schreibtischtäter“ sind oft fehl am Platze. 

Die Inflation steigt, doch die realen Umsätze im Handel weniger. Rechnen Sie heuer damit, dass einige Branchen real verlieren werden?
Der Lebensmittelhandel wird eher nicht zu den Verlierern zählen. Eines hat Corona aber gezeigt: Handel, Gastronomie und Tourismus funktionieren wie kommunizierende Gefäße.  Wirklich erfolgreich kann man nur zusammen sein.

Der höhere Benzinpreis führte zu Umsatzproblemen bei Verbrauchermärkten, da einige Leute eine 40 Kilometer lange Fahrt nicht mehr bezahlen möchten. Diese bevorzugen den nahe gelegenen Nahversorger. Hätten Sie mit solch einer Entwicklung gerechnet?
Die Dichte des Filialnetzes ist in Österreich so hoch, dass niemand 40 km zum nächsten Verbrauchermarkt fahren muss. Alle Versuche, kleine Nahversorger zu eröffnen, sind meines Wissens an der mangelnden Wirtschaftlichkeit gescheitert. Österreich ist im Gegenteil „overstored“ und hat eine zu hohe Ladendichte.

Nicht alle Preissteigerungen wird der LEH weitergeben können. Rechnen Sie heuer auch aufgrund der Kaufzurückhaltung mit niedrigeren Erträgen im Lebensmittelhandel?
Der Lebensmittelhandel funktioniert wie ein Seismograph für die wirtschaftliche Situation. Hohe Inflation, Kriege, Lieferengpässe bei Gas und natürlich auch Covid 19 stören die Kauflust. Ich fürchte, am Ende wird 2022 kein besonders erfolgreiches Jahr für den Handel.

Welche Trends im Handel sehen Sie derzeit?
Vor allem der LEH setzt verstärkt auf gesellschaftliche Verantwortung. Vegan und vegetarisch findet verstärkte Beachtung. Wenig überraschend gibt es auch das eine oder andere „Greenwashing“. Das Internet sorgt für rasche Aufklärung. Am Ende des Tages ist Transparenz der beste Schutz gegen Machtmissbrauch und Umweltverschmutzung.

Welche Rolle spielen Marken in diesen turbulenten Zeiten, wo liegen die Chancen von Marken?
Marken geben Sicherheit und schaffen Vertrauen. Dies gilt sowohl für Handelsmarken als auch für klassische Herstellermarken. Es funktioniert aber nur, wenn sie aufregend und innovativ bleiben. 

Vielen Dank für das Interview!


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