interview: Herbert Schneeweiß
REGAL-Interview mit Uni-Gruppe Chef und Eigentümer Dkfm. Andreas Haider
Angriff trotz Gegenwind
- Zehn Prozent der Lieferstellen in Gefahr
- Boxen-Expansion verlangsamt
- Hybrid-Modell wird gepusht
- Bremse bei Investitionen
REGAL: Wie sieht das bei Nah& Frisch nach dem Ausstieg von Wedl aus. Sind Sie Teil der Lösung, wenn es um die Belieferung der ehemaligen Wedl-Standorte geht?
GF Andreas Haider: Ja. Wir werden uns um die fünf bis sechs Salzburger Märkte kümmern. Für die Standorte in Tirol und Vorarlberg braucht es noch Lösungsansätze.
Ihre Flotte zählte zum Jahresende 71 Unimarkt-Kaufleute, dazu wurden 319 Standorte, vor allem Nah&Frisch, vom Uni-Großhandel beliefert. Wenn die Energiekosten-Keule einschlägt, was bedeutet das für Ihre Kaufleute?
Insgesamt ist das eine wirkliche Tragödie, das lässt sich anders gar nicht ausdrücken. Österreichweit gesprochen müssten wir davon ausgehen, dass rund 20 bis 30 Prozent der Betriebe, vorwiegend in ländlichen Strukturen, zusperren werden. Das betrifft den LEH genauso wie Bäckereien oder Fleischereien.
Ein Schlag gegen die Nahversorgung?
Ja, es werden unwiederbringlich Nahversorger wegfallen. Der Handlungsspielraum von diesen Betrieben ist klein. Hatte so ein durchschnittliches Geschäft bisher Stromkosten von 10.000 bis 15.000 Euro, dann sind diese jetzt auf 50.000 hinaufgeschnellt. Da ist nicht nur der Verdienst weg. Da legt der Kaufmann sogar noch etwas drauf.
Die staatlichen Hilfen gehen am Handel vorbei?
Genau das ist das Problem. Für Überbrückungshilfen der staatlichen Hand greifen die Förderrichtlinien erst dann, wenn Strom in der Bilanz 2021 einen Anteil von drei Prozent ausgemacht hat. Handelsgeschäfte lagen da noch bei rund 1,5 Prozent. Es gibt Ausnahmen ja, aber das betrifft Betriebe, die einen Jahresumsätze von weniger als 700.000 Euro machen. Das betrifft nur etwa zehn Prozent der Lebensmittelhändler.
Sind das auch jene zehn Prozent, die von einer möglichen Energiekosten-Lawine endgültig überrollt werden würden?
Das ist schwer zu prognostizieren und wir hoffen es natürlich nicht, aber wir müssten wohl von insgesamt rund zehn Prozent ausgehen, wenn der Staat die Energiekosten nicht auf ein leistbares Maß herunterbringt.
Doch würden die Förder-Quoten, wie sie aktuell auf dem Tisch liegen, überhaupt reichen?
Es würden 30 Prozent des erhöhten Strompreises gefördert. Das heißt, zwei Drittel müsste das Unternehmen selbst tragen. Wahrscheinlich müsste es andersrum heißen: Zwei Drittel werden gefördert und ein Drittel das Unternehmen selbst tragen.
Sie haben aber neben der Belieferung von Franchise-Betrieben und Kaufleuten auch Eigenfilialen am Netz. Betrifft Sie diese Kostenspirale nicht?
Die Uni-Gruppe hat seit 2021 zusammen mit der Transgourmet und externen Partnern einen eigenen Energie-Einkauf in zwei Tranchen abgeschlossen. Das garantiert uns und unseren Franchise-Partnern aktuell einen guten Preis von sieben Cent, der aktuelle Marktpreis liegt bei 70 Cent. Auch wenn ab 2024 14 oder 28 Cent zu zahlen sind, liegen wir hier noch auf einem sehr guten Niveau.
Sind Ihre Kaufleute damals nicht unter dieses Sicherheitsnetz geschlüpft?
20 Unimarkt-Kaufleute sind nicht dabei. Aber natürlich: Wir haben diese Verträge vor der Krise geschlossen, da war das Thema Energie nicht brennend und viele wollten hier bilateral ihre Abschlüsse bei regionalen Partnern machen.
Ist es so, dass die Preiserhöhungs-Rallyes so häufig wie noch nie stattfinden?
Wir sind in der ersten Jahreshälfte von Preissteigerungen regelrecht überrollt worden. Es war eine enorme Anzahl an Produkten betroffen und das bisherige Procedere, dass von der Preisakzeptanz bis zur Umsetzung im Geschäft acht Wochen vergehen, war ausgehebelt. Die Preiserhöhungen waren ab sofort gültig, was dazu geführt hat, dass wir natürlich nicht alle Preise am POS weitergeben konnten und Marge verloren haben. Und das, obwohl auch uns die Erhöhungen treffen. Als Beispiel: Wir beliefern unsere Standorte mit 90 eigenen LKWs, auch die Explosion von Dieselpreisen hat uns beschäftigt.
Das heißt, Erträge von drei bis vier Millionen Euro, wie die Uni-Gruppe zuletzt auswies, sind 2022 nicht zu realisieren?
Nein. Wir gehen von einem positiven Ergebnis aus, doch in dieser Höhe wird es nicht mehr sein.
Hat diese Kostenspirale auch die Investitionspakete betroffen?
Natürlich haben wir auch jene Projekte zurückgestellt, die nicht unbedingt notwendig waren. Das betrifft vor allem Modernisierungen und General-Umbauten. Wir hätten rund zehn Millionen Euro investieren wollen, haben aber 30 Prozent davon verschoben. Wobei wir jene Maßnahmen, die uns jetzt oder in der Zukunft weiterhelfen, trotzdem realisierten. Weitere 25 Photovoltaik-Anlagen bringen wir heuer in Stellung, 2023 werden es nochmals so viel sein. Unser Ziel ist, 2025 auf jedem Unimarkt eine PV-Anlage zu haben.
Sie haben auch immer festgehalten, dass sie bei der bestehenden Flotte tätig werden, wenn ein Geschäft keine wirtschaftliche Zukunft hat. Gilt das in dieser Situation besonders?
Das gilt auch jetzt. Wir haben bei Unimarkt drei Geschäfte vom Netz genommen, aber drei andere, wo wir Potenzial orten, aufgeschalten. Das ist in Hollenstein der Fall, in Haslach und in Thal. Das heißt, trotz der Krise bleibt unser Portfolio stabil.
Aber blicken wir auf die Umsatzentwicklung, wie geht es der Uni-Gruppe in den Krisen?
Die Situation ist zweifellos schwierig. Es gibt Anzeichen dafür, dass der private Konsum stockt und wir dennoch die Absätze verteidigen müssen. Die gesamte Kostensituation macht einen Ruck nach oben. Wir haben die Energie besprochen, aber es wird auch die Löhne betreffen. Auch dort rechne ich mit einem Plus von mindestens sechs Prozent.
Sie haben 2021 einen Gesamtumsatz von rund 432 Millionen Euro eingefahren, wo wollen Sie 2022 landen?
Das Ziel muss sein, aufgrund des hohen Inflationsniveaus über dem Vorjahr zu landen.
Zurück zum aktuellen Konsum, spüren Sie eine Veränderung in den Konsumgewohnheiten?
Es stimmt, dass sich viele Kunden um eine Stufe downgraden. Und ja, auch unsere Preiseinstiegs-Eigenmarke ,Jeden Tag‘ mit aktuell 350 Produkten wächst zweistellig. Aber auch bei ,natürlich für uns‘ mit rund 500 Bio-Produkten und bei Alnatura sehen wir ein Wachstum. Nicht mehr zweistellig, aber eine Entwicklung nach oben. Jedoch muss man festhalten, dass bei Bio das Anziehen der Preise nicht so spürbar war, wie in anderen Warengruppen. Ich befürchte, das wird noch passieren.
Sie haben bei der Unibox von einem großes Expansionspotenzial gesprochen, sehen Sie das weiter?
Wir haben 17 Boxen am Netz und haben rund 100 konkrete Anfragen von unterschiedlichen Gemeinden. Aber: Ich habe all diesen Bürgermeistern und Verantwortlichen absagen müssen, weil im aktuellen Handelsumfeld ein derartiger Betrieb mit erweiterten Offenhaltezeiten immer schwieriger wird. Hier spielt die Öffnungszeiten-Thematik hinein, aber auch die Deklaration derartiger Boxen. Sind sie Automaten oder Geschäfte? Deshalb werden wir uns bei Boxen kurzfristig nur noch auf Tankstellen und Bahnhöfe fokussieren.
Ist das Hybrid-Geschäft das neue Thema?
Das ist ein Markt zu bestimmten Zeiten auch ohne Personal. Das ist ganz klar die Zukunft der Nahversorgung. Es muss das Ziel sein, dass wir Märkte auf den Weg bringen, die außerhalb der Bedienzeiten ebenfalls wichtige Deckungsbeiträge erwirtschaften. Das Personal wird knapper, die Kosten dafür steigen. Wenn wir jetzt mit höheren Energiekosten konfrontiert sind, dann ist ein Weg die Einsparung im Personalbereich. Das ist leider nur mehr die Stellschraube.
Sie haben die ersten Pilot-Märkte am Netz?
Ja, echte Zahlen kommen bereits von dem Standort in Gaflenz. Hier hat sich gezeigt, dass derzeit 30 Prozent der Umsätze außerhalb der Bedienzeiten kommen. Da müssen wir auch hin. Das wäre ein Erfolgsmodell.
Wobei in Gaflenz eine Genossenschaft den Markt führt?
Das stimmt. Insgesamt wurde für den Bau 800.000 Euro investiert, 300.000 Euro für die Technik, 70.000 Euro für das Warenlager. Wobei wir als Uni-Großhandel uns mit dem großen Baustein Technik eingekauft haben.
Vielen Dank für das Gespräch.