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Das Branchenmagazin für Handel & Industrie

interview: Verena Schneeweiß

Mag. Martin Engelmann, Vorsitzender der Geschäftsführung, im ausführlichen REGAL-Gespräch

dm: Logistik- und Beauty-Offensive

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Das Verteilzentrum in Enns ist der Dreh- und Angelpunkt – von hier werden Märkte in Österreich, aber auch im umliegenden Ausland beliefert. Der Standort soll künftig noch mehr an Bedeutung zulegen.

REGAL: Herr Engelmann, es gab zuletzt zahlreiche Schließungen im Handel, sind dadurch auch neue „weiße Flecken“ für dm entstanden?
Martin Engelmann:
Es ergibt sich durch das Wegfallen von Marktteilnehmern eine Veränderung im Standort-Angebot. Weiße Flecken – also die fehlende Erreichbarkeit von dm in sinnvoller Reichweite – gibt es in Österreich de facto nicht mehr. Jeder Kunde hat grundsätzlich die Möglichkeit, unser Angebot auch online in Anspruch zu nehmen. Dennoch ergeben sich durch die Erosion bestimmter Branchen neue Möglichkeiten an Immobilienprojekten. Man kann bestehende Standorte verlegen oder vergrößern. 

Das heißt, die Standorte-Anzahl von dm in Österreich wird auch weiterhin stabil bleiben?
In Österreich stagnieren wir, was die Anzahl der Standorte betrifft. Wir wachsen aber sehr schön in Sachen Produktivität. 

Im Geschäftsjahr 2021/2022 landete dm in Österreich bei über einer Milliarde Euro Umsatz. Bald wird das aktuelle Geschäftsjahr abgeschlossen – können Sie uns schon ein paar Details verraten?
Wir werden in Österreich im Umsatz zweistellig wachsen und in der Gruppe entsprechend noch stärker. Wir liegen derzeit bei 385 Standorten. Wir haben große Anstrengungen unternommen und verzichten maßgeblich auf Stückerträge, um ein attraktives Angebot für die große Zahl an Verbrauchern zu bieten, die aktuell sehr auf ihr Haushaltsbudget achten müssen. In der Folge erleben wir sehr erfreuliche Mengenzuwächse und ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Die Ergebnisse werden wir wieder in unsere Läden und in unser Angebot investieren. Unser Ziel ist nicht Ergebnis­marge oder Umsatzrendite, sondern die Umsatzrendite ist die Voraussetzung für die Steigerung unserer Attraktivität.

Und ein Blick nach Osteuropa?
Wir wachsen international, hier gibt es noch mehr weiße Flecken. dm hat im Übrigen heuer inklusive Deutschland die 4.000. Filiale in Europa eröffnet. Wir stehen mit Ende Juli bei 1.894 Filialen in der Teilgruppe Österreich und Verbundene Länder. 4.015 sind es in der Gesamtgruppe. 

Blicken wir kurz auf die Länder im Detail.
Insgesamt sind es 60 Filialen mehr in der Teilgruppe. In Ungarn haben wir 262. Das ist nur eine Filiale mehr als im letzten Geschäftsjahr. Unter anderem liegt das an den strengen Standort-Vorschriften für Geschäfte über 400 m², Stichwort Plaza-Stop-Gesetz. In Rumänien haben wir trotz Pandemie-Verhältnissen weiter kräftig investiert. Bulgarien hat mittlerweile mehr Standorte als Slowenien. Das ist bemerkenswert. Wir haben uns beim Markteintritt damals ein Potenzial für 70 bis 80 Läden ausgerechnet. In Kroatien etwa hat die Fachmarktzentrums-Entwicklung Fahrt aufgenommen. Wir sind hier gerne mit dabei. In Italien waren es zwölf Prozent Filialwachstum. Wir schreiten weiter voran. 

War der starke Sommertourismus in Ländern wie Kroatien spürbar?

Ja. Die Länder im Süden machen im Sommer mehr Umsatz als zu Weihnachten. Auch, weil viele im Ausland tätige Menschen im Sommer wieder nach Hause kommen und dort ihr Geld ausgeben. In Kroatien liegt der Tourismus-Anteil an der Wirtschaftsleistung bei 25 Prozent. 

Themenwechsel zur Logistik. Im Verteilzentrum in Enns ist in den letzten Monaten einiges passiert in Sachen Ökologisierung.
Enns hat für dm große Bedeutung und wird das auch weiterhin haben. Hier sitzen Menschen, die sowohl für Österreich als auch alle Länder in der Gruppe tätig sind. Wir sind mit dem Öko­logisierungs-Projekt bis 2027 überwiegend fertig. Insgesamt haben wir über die Jahre zwölf Millionen Euro investiert. Davon ist der Groß­teil schon erfolgt. Jetzt kommt noch eine Raum­klimatisierung, sowohl für die Halle als auch die Büros. 

Gibt es eigentlich auch bei Non Food-Artikeln Temperaturvorschriften, die es im Lager haben muss?
Im Normalfall reicht eine Deckelung der Maximaltemperatur, die haben wir hier im Haus auch. Das sind im Lager max. 26 Grad. Unsere Produkte sind grundsätzlich nicht temperaturempfindlich. Im schokolierten Bereich haben wir seit vielen Jahren Sonderabläufe, wo wir die Filialen vor den Hitzeperioden frühzeitig mit entsprechenden Beständen versorgen. 

Gibt es weitere logistische Projekte?
Wir werden uns künftig in Wien bei einem Elektro-LKW-Projekt beteiligen. Das macht für die Stadtlogistik in Wien durchaus Sinn und hat auch für weitere Städte Pilotcharakter.

Sie erwähnten in unserem letzten Gespräch Clusterlösungen in der Logistik. Können Sie darauf näher eingehen?
Vorweg: Wir haben in jedem Land lokale Verteilzentren für das jeweilige Land, selbst in Nordmazedonien. Wir betreiben diese entweder selbst oder kooperieren vor Ort mit Dienstleistern.Enns kommissioniert einen Teil unserer Eigenmarken-Produkte für Slowenien und Italien. In den nächsten Jahren werden wir mindestens ein, und darauf folgend möglicherweise mehrere, internationale Logistikzentren realisieren. Das erste Projekt ist in Österreich auf dem Weg. Wir suchen in der näheren Umgebung von Enns geeignete Grundstücke, um von hier aus international Filialen zu beliefern. Grundstück und Standort sind noch nicht festgelegt. 

Österreich macht also den Start und dann geht es international weiter?
Ja, genau. Wir haben in allen Analysen festgestellt, dass der Großraum Enns und Umgebung – rund 50 Kilometer in alle Richtungen – für unsere Länder ein sogenanntes Center of Gravity ist. Deswegen beginnen wir hier. Wir haben eine Roadmap bis 2035 entwickelt und innerhalb dieser werden wir weitere zwei dieser internationalen Distributionszentren in Angriff nehmen.

Wird die Belieferung über die Schiene dabei auch eine Rolle spielen?
Wir haben die großvolumigen Mengenströme nicht, die es bräuchte. Und Feinverteilung über die Schiene ist nicht wirklich möglich. Eine Zeit lang haben wir mit einer Filialbelieferung von Enns nach Vorarlberg über Schienen-Hauptläufe experimentiert. Das kostet mindestens einen zusätzlichen Tag Laufzeit. Wir haben das Projekt wieder eingestellt.

Wie entwickelt sich das Online-Geschäft?
Ich bin im Jahr 1986 zu dm gekommen. Damals hatten wir rund 140 Filialen in Österreich und rund 1,5 Milliarden Schilling Umsatz. Wir werden dieses Jahr voraussichtlich diese 1,5 Milliarden Schilling Umsatz mit dem Online-Geschäft in elf Ländern machen. Das sind rund drei Prozent Anteil am Gesamtumsatz, Tendenz stark steigend. Wir haben hier im Teilkonzern eine Wachstumsrate von über 50 Prozent, verglichen zum Vorjahr. Auch in Österreich werden wir zweistellig wachsen. 

Wie viel wird im aktuellen Geschäftsjahr investiert?
Für heuer waren über 170 Millionen Euro geplant. Das werden wir nicht ganz schaffen, weil manche großen Einzelprojekte noch nicht abgewickelt wurden. Wir werden in etwa bei rund 150 bis 160 Millionen Euro in der Teilgruppe landen.

Was ist der Status Quo beim Ladendesign?
Wir greifen jedes Jahr rund zehn Prozent unseres Filialnetzes an. Wir legen so an Verkaufsfläche im niedrigen einstelligen Bereich zu. Aktuell sind wir in der Entwicklung der sechsten Ladenbild-Variante, wobei wir mittlerweile in einem permanenten Weiterentwicklungsprozess agieren. Wir können bei 4.000 Läden nicht mehr eine Stop-and-go-Entwicklung des Ladenbildes machen, es ist ein permanenter Prozess. Aktuell liegt der Schwerpunkt im Schönheitsbereich. Das umfasst etwa eine Beauty Insel, ein Verweil- und Probierort, in unseren Läden. Diese wurde bereits in der Wiener Sandleitengasse, der Hütteldorfer Straße oder in Herzogenburg umgesetzt. Wir arbeiten laufend an der klaren Inszenierung und guten Orientierung in den Läden. Es gibt neue Hinweis-Beschilderungen in den Regal-Layouts, es wird an der Beleuchtung und an den Möbeln gearbeitet. 

Zuletzt gab es im Dienstleistungs­bereich bei dm eine Bereinigung. Welcher Weg wird hier weiter beschritten?
Die Zahl der Studios geht leicht zurück, es sind derzeit 149 Friseur- und 100 Kosmetikstudios. Das liegt einerseits an der Erweiterung unserer Sortimentsbreite und -tiefe und andererseits an sinnvollen Zusammenlegungen von Studios. 

Welche Neuheiten gibt es beim Thema Food? Der Anteil lag ja zuletzt bei rund 17 Prozent.
Immer mehr Menschen greifen zu Milchersatz-Produkten. Unsere Hafermilch erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Und: Die Zusammenarbeit mit kleinen, lokalen Produzenten ist weiterhin ein Thema. Da ist der Onlineshop auch eine gute Möglichkeit für Hersteller. 

dm hat zuletzt wieder in seine Eigenmarken investiert – auch, um „Druck auf die Markenartikelindustrie“ zu machen, wie es heißt.
Es geht uns nicht darum, die Eigenmarken separat zu promoten. Aber sie sind natürlich ein Bereich, wo man in der Preisgestaltung, der Produktentwicklung und der Innovation etwas freier ist als bei Industriemarken. Im Mai und im Juli wurde die Inflationssituation zum Anlass genommen, um die Preise bei den Eigenmarken entsprechend zu reduzieren, konkret um 14 bis 15 Prozent. Es ist nicht unser Stil, Druck auszuüben. Die Inflation ist für niemanden lustig, auch für die Industrie nicht. Wir verhandeln mit hunderten Industriepartnern partnerschaftlich und laden alle ein, ihr Bestmögliches zu tun und unserem Beispiel zu folgen 

Wie hoch ist der Eigenmarken-Anteil inzwischen?
Wir haben hier keine bestimmte Zielsetzung, aber er entwickelt sich aufgrund der Attraktivität der Eigenmarken in Richtung 25 bis 30 Prozent. 

Der Lebensmittelhandel setzt derzeit auf neue Player im Non Food-Preiseinstieg. Wie sehen Sie diesen Schritt?
Wir beobachten das natürlich aufmerksam und schauen, dass wir hier nichts übersehen. Und wir nehmen es sehr ernst, wenn internationale Player über diesen Weg Eintritt in Märkte finden, in denen sie bisher nicht tätig waren. Dann setzen wir Maßnahmen, um diesen Eintritt möglichst schwierig zu gestalten. Wettbewerb belebt das Geschäft. 

Danke für das Gespräch.


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