text: Magdalena Kranabitl
Fischkompetenzzentrum der binca group
Fisch: Neues Zentrum in NÖ
- 17 Millionen Invest in Mostviertler Standort
- Verdoppelung der Auslieferungen 2024
Gewerbepark 25, Perschling im Mostviertel, Niederösterreich. Der Herbst hält langsam Einzug. Ein paar wenige Bäume zeigen bereits erste gelb, rötlich verfärbte Blätter. Der Himmel ist blitzblau. Die Sonne für die Jahreszeit noch ungewöhnlich kräftig. Zwischen den sanften Hügeln, umgeben von dichten Ackerfeldern, eröffnete die binca group vor gut einem Jahr das wohl größte Fischkompetenzzentrum Österreichs, die binca manufaktur. Die international aktive Unternehmensgruppe, die auf Fisch- und Seafood spezialisiert ist, betreibt neben dem Produktionsstandort in Perschling noch einen weiteren in Belgien. Das Angebot reicht von frischem und tiefgefrorenem Fisch,
Garnelen und Meeresfrüchten bis hin zu bestimmten Veredelungen. Zu den Kunden gehören der Lebensmitteleinzelhandel, der Food Service, die Lebensmittelindustrie und E-Food. Hauptaugenmerk der Unternehmensgruppe ist die Entwicklung kundenindividueller Konzepte für Frische- und Tiefkühlprodukte im Bereich Private Label.
Standort Perschling. 17 Millionen Euro wurden in den Neubau der binca manufaktur investiert. In voller Ausbaustufe können auf einer Produktionsfläche von 3.300 Quadratmetern künftig bis zu 10.000 Tonnen Frischfisch ausgeliefert werden. Architektonisch sollen große Fensterfronten für eine gute Arbeitsatmosphäre sorgen. Geschäftsführer Mag. Oliver Fritsch, binca group Österreich, konkretisiert: „Uns war beim Bau wichtig, dass in die Produktionsräume, Umkleiden et cetera auch Tageslicht fließt. So fühlen sich die Mitarbeiter wohler. Darüber hinaus kann Strom eingespart werden.“
Die binca manufaktur zählt 60 Mitarbeiter. Im ersten Jahr wurden 2.000 Tonnen Fisch verarbeitet und ausgeliefert. Der Großteil ist, mit 1.200 Tonnen, Lachs zuzuschreiben. „Momentan beliefern wir österreichweit die Spar-Märkte und zwei weitere Kunden aus dem Foodservice Bereich. 2024 stocken wir den Kundenstamm auf und planen 4.000 Tonnen Frischfisch auszuliefern“, erklärt Fritsch. Derzeit werden um die 100 Produkte in Perschling produziert. Zum Service der binca manufaktur zählt das Portionieren, Würzen und Marinieren sowie Verpacken und Etikettieren der Frischware. Als erweiterter Service kann auch tiefgekühlte Ware aufgetaut und verarbeitet werden, die am POS als solche auch gekennzeichnet ist. In der Erstverarbeitung in Belgien werden die Salmoniden filetiert.
Die kühle Reise. Bis die Produkte in Perschling und schlussendlich im Supermarkt in der Kühlung oder Bedienung landen, stehen noch ein paar Stationen bevor. In der Frische zählt das Unternehmen international rund 25 Lieferanten, im Bereich Tiefkühl zwischen 60 und 70. Wichtig ist Oliver Fritsch der Ausbau des regionalen und lokalen Fischzüchternetzwerkes: „Hier zählen wir aktuell rund zwölf Lieferanten.“ Wie sich die Reise aus entfernten Gewässern abzeichnet, erklärt der Geschäftsführer im exklusiven REGAL-Gespräch anhand des Kabeljaus, der in Island gefischt wird: „Der Kabeljau, der am Montag frisch gefischt in Island verarbeitet wird, kommt bereits Dienstagfrüh in unserem Logistikhub in Belgien an. Von dort wird er mit anderer Ware kombiniert und kommt im voll beladenen Lkw über Nacht am Mittwochmorgen vor Produktionsbeginn in Perschling an. Wir können den verarbeiteten Kabeljau noch am selben Tag an die Spar ausliefern.“
Auslieferung. Fertig verpackt, verlassen fünfmal pro Woche à zwei bis vier voll beladene Sattelschlepper die binca manufaktur, um österreichweit die Spar Märkte zu beliefern. Neben der Tanne wird aktuell unter anderem der Großhändler Metro in Österreich, Tschechien und Slowakei mit einzelnen Produkten beliefert. „Für den Transport verwenden wir keine Styropor-Boxen, sondern wiederverwendbare Klappboxen.“
Aktuell. Als herausfordernd nennt Fritsch die Fish-Supply Chain: „Die Preissteigerungen der letzten Monate haben auch uns getroffen. Dazu kommt die Knappheit der Rohware, wie beispielsweise die Verfügbarkeit von Bio-Lachs. Die Klimakrise und der Wassermangel haben eine enorme Auswirkung. Deswegen gehen wir mit Fischer und Fischzüchtern strategische Partnerschaften ein, um beiden Seiten eine Planungssicherheit zu gewähren. Für 2024 haben wir bereits einen überwiegenden Teil der benötigten Rohware in Form von Kontrakten gesichert.“
Vorlieben. Mit Blick auf den Endkunden ist ein deutlicher Trend im Convenience-Bereich ersichtlich: „Marinierte Produkte sind der absolute Renner. Da in Österreich auch gesunde Ernährung einen hohen Stellenwert einnimmt, haben wir zudem den Salzgehalt bei diversen Produkten reduziert und Biolachs-Produkte mit Bio-Gewürzmischungen entwickelt. Der Konsument nimmt die Vielfalt wahr. Wichtig ist auch, dass die Produkte einfach und schnell zuzubereiten sind.“
Energie. Für die Fischverarbeitung spielt die Kühlung eine bedeutende Rolle. Der Energieaufwand ist enorm. Pro Jahr benötigt die binca manufaktur 1,3 Millionen Kilowattstunden für die Kühlung. Am Dach der Produktionsstätte wurde eine Photovoltaik-Anlage installiert: „Wir können mit der PV-Anlage jährlich in etwa 300.000 Kilowattstunden produzieren. Wetterabhängig ist unser Betrieb dadurch zu 25 bis 30 Prozent autark.“ Zum Heizen wird die Abwärme der Kühlung verwendet. Mit Blick auf die Zukunft hat der Geschäftsführer einiges in der Pipeline: „Wir sind laufend dabei, unsere Supply Chain mit Blick auf die Nachhaltigkeit zu verbessern. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Vermeidung von Food Waste, um ein Beispiel zu nennen. Ziel ist es, so viel wie möglich vom ganzen Tier zu verwenden. Hier arbeiten wir gerade an neuen Produkten zur Verwertung von Fischabschnitten im Sinne des „Nose to Tail“-Konzeptes.“