interview: Gregor Schuhmayer, Verena Schneeweiß
Interview mit Spar Vorstandsvorsitzendem KR Hans K. Reisch: Erstmals 20 Milliarden Euro Umsatz in der Spar Gruppe
Spar mit Umsatzrekord
- Plus 9,2 Prozent auf 9,9 Milliarden Euro in Österreich
- Gewinn sinkt wegen hoher Kosten bei Energie und Personal leicht auf 221 Millionen
- Umbauten: Interspar Hallein, dez und Citypark; Maximarkt Linz
- Neuer Interspar in Bischofshofen geplant
- Kaufleute: Plus zehn Prozent mehr Flächen
REGAL: Herr Vorstandsvorsitzender, wie waren Sie mit der Entwicklung im Vorjahr zufrieden?
KR Hans K. Reisch: Unter diesen Voraussetzungen sehr. Wir konnten im Lebensmittelhandel in Österreich um 9,2 Prozent zulegen und einen Brutto-Verkaufsumsatz von 9,88 Milliarden Euro verbuchen. Damit sind wir stärker als die Branche gewachsen, die laut NielsenIQ ein Wachstum von acht Prozent hatte.
Haben Sie die Ziele erreicht?
Wir haben die Ziele übererfüllt. Wichtig ist, dass wir Wachstumsführer sind und den Marktanteil ausbauen konnten.
Wo liegt der aktuelle Marktanteil?
Bei 36,8 Prozent. Ein Zuwachs von 0,5 Prozentpunkten, das ist sensationell.
Wie sieht die Gewinn-Situation aus?
Die Energiekosten haben uns mit 247 Millionen im In- und Ausland belastet. Das ist eine Riesensumme. Herausgekommen ist dennoch ein EBT von 221 Millionen Euro.
Hat sich die Energiekosten-Situation mittlerweile entspannt?
Ja, wir haben die Verhandlungen bereits mehr oder weniger zu Ende geführt und werden heuer im Konzern bei etwa 47 Prozent weniger Energiekosten aussteigen, verglichen zum Vorjahr. Die Situation hat sich also etwas beruhigt.
Wie hat sich Eurospar entwickelt?
Sehr gut. Wir halten derzeit bei 236 Eurospar Märkten. Vor allem im oberösterreichischen Raum funktioniert die Umstellung von Spar auf Eurospar ausgezeichnet. Diese dynamische Entwicklung, auch von Eurospar auf Interspar, ist ein Erfolgsmodell. Natürlich ist die Raumordnung auch in Österreich restriktiv. Wir könnten hier noch mehr Vergrößerungen durchführen, um auch im Sinne der Kunden ein größeres Sortiment in der Region anbieten zu können.
Wie viel Potenzial sehen Sie hier noch?
Das Potenzial wäre riesig, wenn es, wie gesagt, nicht die restriktive Raumordnung gäbe. Man muss jeden Standort sehr intensiv prüfen.
Dürfen wir in dem Gespräch kurz auch auf Interspar kommen, wie ist es bei Interspar im Vorjahr gelaufen?
Auch sehr gut. Unsere jüngste Expansion in Leibnitz funktioniert etwa sehr gut, ähnlich ist es in Bürs. Auch der Non Food-Bereich läuft gut, wir können nicht klagen.
Welche Modernisierungen stehen heuer auf dem Programm?
Etwa der Grazer Citypark, wo bis Mitte des Jahres umgebaut wird, oder der Interspar Hypermarkt im Einkaufszentrum dez in Innsbruck. Auch Hallein in Salzburg werden wir modernisieren. Dort wird der Markt im bestehenden Gebäude erneuert. Für die Erneuerung des Maximarkt in Linz sind wir gerade in der Planungs- und Evaluierungsphase. Hier könnte sich ein Baustart aber heuer noch ausgehen.
Darf ich hier kurz nachfragen. In Bischofshofen hört man, dass ein völlig neuer Interspar geplant ist.
Ja, auch hier könnten wir noch heuer, wenn alles mit den Bewilligungen klappt, mit dem Bau beginnen. Das wäre aber auch eine Standortverlegung von einem nahe gelegenen Eurospar zu Interspar am Kreisverkehr.
Wie ging es den Kaufleuten im Vorjahr?
Sie waren interner Wachstumsführer mit plus zehn Prozent. Die Anzahl der Märkte ist mit derzeit 665 praktisch gleich geblieben oder nur ganz minimal um 15 Märkte gesunken. Erfreulich ist allerdings, dass aufgrund unserer Strukturverbesserungen die Verkaufsfläche sogar leicht gestiegen ist, sie liegt bei stabilen 300.000 m², auch die Quadratmeterumsätze steigen. Es wird heuer wieder die eine oder andere Expansion geben, in erster Linie von guten Marktleitern und Gebietsleitern hin zu selbstständigen Spar-Kaufleuten.
Sie hatten geplant, im Vorjahr 30 Filialen zu realisieren. Konnte dieses Vorhaben erreicht werden?
Ja, bis auf einige wenige Märkte sind alle eröffnet worden. Die ausständigen sind ins heurige Jahr gerutscht.
Mit welcher Inflation rechnen Sie heuer?
Es wäre schön, wenn sich die Inflation übers Jahr gesehen bei 4,5 Prozent einpendeln würde.
Im Vorjahr wurden 750 Millionen Euro investiert. Wie hoch wird heuer das Investitionsvolumen sein?
Rund 850 Millionen.
Was sind hier Schwerpunkte bei Projekten?
Einerseits wird noch heuer eine völlig neue Bäckerei in der Zweigniederlassung Marchtrenk eröffnet. In Österreich gibt es etwa noch Investitionen in den Zentralen Graz und Maria Saal, wo der Großhandel ausgebaut wird.
Und im Ausland?
Hier ist an erster Stelle ganz sicher unser neues Zentrallager in Kroatien, in Klinča Sela, mit einer Größe von 75.000 m² zu nennen. Diese neue Logistikzentrale kostet 100 Millionen Euro, ist rund zehn Kilometer von Zagreb entfernt und wird heuer noch, wahrscheinlich im dritten Quartal, eröffnet. In Kroatien wie auch in Slowenien schreiben wir gute schwarze Zahlen.
Eine neue Logistik in Fischamend wird Ende des Jahres heuer aufsperren?
Richtig. Wir sind hier Mieter in einem Logistikpark, und zwar mit Simpex und Hervis. Hier entstehen also ein Interspar Lager für Non Food II, das auf unsere Länder in Mitteleuropa ausgerichtet ist, und ein Zentrallager für Hervis.
Gibt es sonst noch größere Investitionen, die heuer anfallen?
Wir bauen unseren Großhandel in Slowenien aus. In Italien bauen wir die Automatik wieder ab und stellen auf manuelle Kommissionierung um.
Wie sehen die Umsätze im Ausland aus?
Wir konnten 7,8 Milliarden Euro erwirtschaften und waren mit den Umsätzen sehr zufrieden. In Slowenien und Kroatien haben wir das beste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte erreicht. In Ungarn hatten wir ein schönes operatives Ergebnis. Durch Faktoren wie Price Cap-Regulierung und Retail-Tax, die uns 120 Millionen gekostet haben, ist das Unternehmen natürlich in Ungarn nicht positiv zu führen.
Und wo liegt der Schwerpunkt der Expansion in Italien?
Wenn Sie neue Gebiete ansprechen, dann in der Emilia Romagna. Das ist eine Region mit 4,5 Millionen Einwohnern. Hier wollen wir mit DeSpar, Europsar und Interspar weiterwachsen.
Und Hervis? Hier gab es ja zuletzt eine Straffung des Filialnetzes in Deutschland.
Wir werden Deutschland verlassen. Die drei bestehenden, grenznahen Standorte werden als Betriebsstätten geführt und von Österreich aus gemanagt. Das zuvor schon angesprochene Zentrallager in Fischamend könnte helfen, Kosten einzusparen. Außerdem muss die Ausrichtung geschärft werden. Aus Tschechien haben wir uns ja schon zurückgezogen, Hervis hat aber auch viele Standorte in Ungarn und Rumänien. Das Profil wird also bei Hervis geschärft. Wir werden in unsere Mitarbeitenden, Service und Sortimente investieren.
Die Eigenmarken-Quote bei Spar liegt bei 43 Prozent. Ist das nicht etwas hoch?
Nein. (lacht)
Wo soll es noch hin, was ist das Ziel?
Das ist abhängig von den Produkten. Wir sind gerne bereit, Produkte zu initiieren, die von den Kunden angenommen werden. Da gibt es keine Zahl, das ist situativ. Wenn wir der Meinung sind, das ist ein Produkt, das die Industrie so nicht herstellen kann oder will, dann müssen wir selbst initiativ werden.
Ist der Run auf den Preiseinstieg etwas abgeflacht?
Das Niveau ist nach wie vor hoch. Der Umsatzzuwachs von S-Budget betrug 22 Prozent. Der Trend ist ungebrochen. Gottseidank ist aber auch der Trend zu Premium ungebrochen.
Gibt es etwas Entspannung in Sachen Fachkräftemangel?
Ja, in diesem Jahr scheint es etwas leichter zu gehen. Das kann natürlich auch mit unserer neuen Employer Branding Kampagne zusammenhängen, die wir gerade gestartet haben.
Wie viele offene Stellen gibt es derzeit?
2.500, aber wir bauen die Anzahl sukzessive ab.
Sie könnten ja auch 200 bis 300 zusätzliche Lehrlinge aufnehmen. Wie läuft es mit den Spar Akademien?
Diese sind einzigartig, auch die Akademie in Wien. Wir bilden dort sehr gute Lehrlinge aus. Wir haben jetzt gestartet mit der Lehre nach der Matura und sind sehr erfolgreich damit.
Spar feiert heuer 70 Jahre. Ihr Großvater Hans F. Reisch hat die Spar mit großer Weitsicht 1954 in Kufstein gegründet. Was waren dann in der Folge die großen Meilensteine in der Entwicklung?
Das war 1970 der Zusammenschluss der Gründerfamilien zur Spar Österreichische Warenhandels AG. Dann waren beim Wachstum sicher auch Übernahmen hilfreich, etwa Konsum, Renner, Meinl, PamPam, Maximarkt, Zielpunkt. Schließlich hat sich auch das duale System von Kaufleuten und der Aufbau eines Filialsystems als richtig erwiesen. Erwähnen möchte ich auch die Eröffnung des ersten Interspar in Neu-Rum in Tirol.
Vielen Dank für das Gespräch.