text: Robert Falkinger
REGAL im Gespräch mit Walter Karger, Geschäftsführer Ankerbrot Holding GmbH
Anker neue Pläne
„Trotz Corona und trotz massiver Kostensteigerungen gehen wir mutig in die Zukunft“, so Walter Karger, Geschäftsführer der Ankerbrot Holding GmbH. Bei der ab Herbst 2023 neuen Anker-Produktion in Lichtenwörth/NÖ setzt man auf noch mehr Qualität, Flexibilität, Nachhaltigkeit und längere Haltbarkeiten. Im Rahmen der Mehrwertstrategie für den LEH starten die Neuinterpretationen von klassischen Wiener Mehlspeisen bald auch im LEH. Die Kooperation mit iglo wird ausgebaut. Neu auf Schiene ist ein Anker Café-Konzept.
REGAL: Herr Karger, wie lief es im zweiten Corona-Jahr 2021?
Karger: Nach einem schwierigen Jahr 2020 hatten wir 2021 mit den langen Lockdowns und Kostenexplosionen ein noch schwierigeres Jahr. In Summe haben uns die Maßnahmen mit den Betretungsverboten im Gastronomie- und dem Filialgeschäft stark getroffen. Das Handelsgeschäft hat sich noch am stabilsten gezeigt. Wir waren aber auch hier mit einer Veränderung im Kaufverhalten konfrontiert. Länger haltbare Artikel in der Regalplatzierung waren im Absatz vorne, Artikel mit kürzerer Haltbarkeit in den Aufback-Stationen blieben zurück. Insgesamt erzielten wir 2021 einen Umsatz von knapp 90 Millionen Euro. Vor Corona lagen wir bei ca. 112 Millionen Euro.
Anker zieht in Lichtenwörth/NÖ einen neuen Produktionsstandort hoch. Was sind die Vorteile für den Handel?
In einer sehr mutigen Entscheidung haben wir heuer trotz Corona und den Auswirkungen der Pandemie den Spatenstich in Lichtenwörth gesetzt. Wenn alles weiterhin nach Plan verläuft, werden wir im Herbst 2023 dort die modernste Bäckerei Österreichs in Betrieb nehmen. Die Versorgung des LEH wird dann über Lichtenwörth erfolgen. Für die Verwaltung und die Versorgung der Filialen wird derzeit ein neuer Standort in Wien gesucht. Wir investieren in Lichtenwörth mehr als 30 Millionen Euro in modernste Technologien, unter anderem in neue Produktionslinien und ein neues, automatisches Tiefkühlhochregallager mit ca. 2.000 Stellplätzen. 230 Millionen Stück Brot, Gebäck und Feingebäck werden zukünftig in Lichtenwörth pro Jahr gebacken werden. Wir können dann noch flexibler auf die Bedürfnisse des Handels reagieren. Brot können wir dann beispielsweise in allen Aggregatzuständen – halbgebacken, gefrostet, frisch oder geschnitten – liefern, und das in noch höherer Qualität. Auch innovative Verpackungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel MAP-Verpackungen (Modified Atmosphere Packaging) werden zum Einsatz kommen und eine längere Haltbarkeit garantieren. Auch bei den Überlegungen für neue Produkte sind wir dann noch flexibler. Verlässlichkeit als Partner zeichnet uns ja aus. Dass wir dann noch mehr Möglichkeiten haben, mit Mehrwert auf die Bedürfnisse des LEHs eingehen zu können, darauf freuen wir uns natürlich schon sehr.
Wie sieht es mit neuen Filialen aus?
Wir haben trotz Corona auch im Vorjahr Filialen eröffnet und auch heuer im Frühling den Standort in der Wiener Lerchenfelder Straße – unsere erste Filiale im 8. Bezirk. Einer unserer Top- Standorte, am Floridsdorfer Bahnhof, wird demnächst optisch und technisch völlig neu gestaltet. Eine neue Filiale ist im Fachmarktzentrum in Schwechat geplant. Neu unter der Marke Anker betreiben wir seit Mai 2022 auch den Standort Mattersburg. Aus der ehemaligen Linauer-Bäckereifiliale am Mattersburger Hauptplatz wurde das erste Anker-Café der gesamten Ankerbrot-Gruppe. Denn bis dato gibt es zwar in den Anker-Filialen die Möglichkeit, Getränke oder Frühstück an der Theke zu bestellen, aber ein klassisches Kaffeehaus mit Service bis zum Tisch hat es bis jetzt noch nicht gegeben. Wir planen, dass es mit Start in Mattersburg solche Anker-Cafés zukünftig auch an anderen Standorten geben wird.
Wieviel investiert Anker im Durchschnitt in eine Filiale?
Das variiert natürlich je nach Größe, aber im Schnitt sind es rund 300.000 Euro.
Spüren Sie die Inflation im Kaufverhalten in den Filialen?
Der durchschnittliche Bon in unseren Filialen enthält zwei Produkte. Bis jetzt sehen wir hier noch keine starken Auswirkungen.
Das Kostenthema bleibt auch heuer erhalten.
Wir kämpfen mit einer Kostenexplosion in rasantem Tempo etwa bei Mehl, Sonnenblumenkernen, Energie. Die Möglichkeit rasch die Preise entsprechend anpassen zu können, ist daher ein wichtiges Thema. Auch die Verfügbarkeit bei den Rohstoffen stellt uns vor große Herausforderungen. Hier helfen aber unsere jahrelangen Partnerschaften zu den Lieferanten.
Anker ist ja durch die Backprozesse stark vom Gas abhängig. Was sind hier die Pläne?
Derzeit haben wir Backöfen, die nur mit Gas betrieben werden können. In Lichtenwörth werden wir aber dann auch Öfen haben, die über andere Energiequellen beheizbar sind. Auch eine Photovoltaik-Anlage wird uns dann mehr Autarkie ermöglichen.
Sie haben vorhin den Mehrwert für den Handel angesprochen – was ist hier genau gemeint?
Abgesehen von der starken Marke Anker haben wir ein weiteres unschätzbares Asset: wir sind der größte Bäckereifilialist Österreichs und haben damit, was Produkte für den LEH anbelangt, die Möglichkeit auf einen großen Testmarkt – unseren Filialvertrieb – zugreifen zu können. Ein Beispiel: Unsere Neuinterpretationen von klassischen Wiener Mehlspeisen haben sich in den Filialen sehr bewährt. Jetzt sind wir gerade dabei, dieses Konzept auch in den LEH zu bringen – mit „Marillenknöderl“, „Germknöderl“ und einem „Ribiselzipf“ – drei neue Produkte im 2er-Consumer Pack. Sie schmecken besonders fruchtig und sind durch die innovative Verpackung auch bis zu 25 Tage haltbar.
Wird die Kooperation mit iglo ausgebaut?
Auch unsere iglo-Kooperations-Produkte haben ihren Praxistest in den Filialen sehr gut bestanden. Seit kurzem bieten wir sie auch im LEH an – so ist die Marchfelder Spinat-Schnecke jetzt auch österreichweit in den Feinkost-Abteilungen von 1.250 Billa und Billa+ Filialen erhältlich. Das freut uns natürlich auch sehr. Und wir arbeiten bereits zusammen mit iglo an neuen Produkten. Man darf also gespannt sein, hier gibt es noch viele interessante Ideen.
Wie „grün“ ist Anker?
Am Standort Lichtenwörth wollen wir im Rahmen eines Klimaschutzplanes bis 2033 CO₂ neutral sein. Von Beginn an war Ankerbrot auch Bäckerei-Partner von Too Good To Go, der App gegen Lebensmittelverschwendung. Seit Juni können die Überraschungssackerl mit dem Besten, was vom Tage übrigbleibt, in allen Anker-Filialen geordert werden. Damit sind wir die erste Bäckerei, die dieses Angebot flächendeckend in über 100 Filialen in Wien und Niederöster- reich anbietet und somit ist die Zusammenarbeit mit uns auch die größte Partnerschaft, die Too Good To Go im Bäckerei-Segment in Österreich bis jetzt eingegangen ist. Wir sehen es als Teil unserer sozialen Verantwortung an, mit Lebensmitteln sorgsam umzugehen. Dazu gibt es bei Anker viele Initiativen. Im Filialbereich ist unsere Partnerschaft mit Too Good To Go eine unserer wichtigsten Maßnahmen.
Mit welchem Umsatz rechnen Sie heuer?
Vom Vor-Corona-Niveau sind wir noch weitentfernt. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir heuer die 100 Millionen Euro-Marke erreichen werden. Die hohen Kosten werden aber massive Auswirkungen auf das Ergebnis haben.
Danke für das Gespräch.