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Das Branchenmagazin für Handel & Industrie

Mag. Katharina Koßdorff, GF des Fachverbands der Lebensmittelindustrie © Wilke

interview: Robert Falkinger

Preise, Kosten, Regulierungswut

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2022 stieg der Umsatz der österreichischen Lebensmittelindustrie zweistellig auf elf Milliarden Euro. Grund waren Preiseffekte. Der Export stieg wertmäßig um 15,5 Prozent, mengenmäßig nur um 4,9 Prozent. Eine riesige EU-Regulierungswelle belastet die Branche massiv. Mag. Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie, appelliert an die Politik: „Umdenken statt Draufpacken.“

REGAL: Wie war das Jahr 2022 für die österreichische Lebensmittelindustrie?
Koßdorff:
Der Umsatz war top, die Menge eher ein Flop. 2022 stieg der Umsatz der österreichischen Lebensmittelindustrie um 21,4 Prozent auf 11 Milliarden Euro. Grund waren Preiseffekte. Die Menge blieb einstellig und wurde großteils vom Export getragen. Das ist kein nachhaltiges Wachstum.

Was waren die Erfolge?
Die Versorgung mit Lebensmitteln war von der Branche in allen Krisen – von Corona bis Ukraine-Krieg – stets sichergestellt. Der Export stieg wertmäßig um 15,5 Prozent und mengenmäßig um 4,9 Prozent. Österreichische Lebensmittelprodukte konnten sich im internationalen Kontext weiter behaupten.

Die Teuerungswelle rollt weiter?
Ja, 80 Prozent der Kosten bei der Herstellung von Lebensmitteln entfallen auf Rohwaren, Verpackung, Logistik, Energie. Für diese Bereiche sind die Preise in den letzten Monaten zeitgleich explodiert. Jetzt steigen die Personalkosten aufgrund der hohen KV-Abschlüsse. Es ist für die Branche daher betriebswirtschaftlich alternativlos, dass die Einkaufspreise der Geschäftspartner die Kosten bestmöglich abdecken.

Wie ist der aktuelle Stand bei Werbeverboten und Nährwertprofilen?
Werbeverbote sind ein Teil der großen Regulierungswelle der EU. Zahlreiche Regelungsvorhaben kommen mit Jahresende auf uns zu, u.a. neue Nährwertprofile, die für Werbeverbote verwendet werden können. Übergewicht bei Kindern lässt sich durch Werbeverbote nicht beheben. Im Zentrum der Bemühungen muss der Ausbau der Ernährungsbildung für einen aktiven Lebensstil vornehmlich in den Schulen stehen. Neu sind auch Nachhaltigkeitskennzeichnungen, sogenannte „Green Claims“. Es wird auch ein eigenes Gesetz geben, das regelt, wann ein Lebensmittel oder „Food System“ nachhaltig ist. Der Stachel ist aber das europäische Lieferkettengesetz, das unsere Branche massiv belasten wird. Unternehmen haften über die gesamte Lieferkette für Verstöße gegen z.B. die Menschenrechte und gegen die Umwelt. Ziel war es, die Bauern in Drittländern zu schützen. Gut gedacht, aber schlecht gemacht. Damit hat man der Branche regelrecht einen Bärendienst erwiesen. Hier müssten dem Gesetz noch viele Zähne gezogen werden.

Was ist das Problem dabei?
Die Folge wird sein, dass sich die Lieferketten auf wenige, große Lieferanten in Drittländern verdichten werden. Es wird ein gigantisches Audit-Geschäft geben, weil jeder in der Kette sich absichern will. Die kleineren Bauern, die man ursprünglich schützen wollte, werden leer ausgehen. Letztlich wird dadurch nichts billiger.

Wie sieht man die Inflationsentwicklung?
Die Inflationsrate für das Jahr 2022 lag laut Statistik Austria bei 8,6 Prozent. 2021 waren es 2,8 Prozent. Mit 11 Prozent gab es im Oktober einen Spitzenwert. Jetzt sind wir wieder unter 10 Prozent. Das Tempo bei der Inflation verlangsamt sich zwar, wir hoffen, dass diese einstellig bleiben wird. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke lagen lange unter dem allgemeinen Verbraucherpreisindex. Das hat sich zuletzt durch den für die Lebensmittelproduktion typischen Nachzieheffekt gedreht. Lebensmittel kommen allerdings als Preistreiber nach Haushaltsenergie/Wohnen und Spritpreisen erst an dritter Stelle. Ein Problem: Die Steigerungen werden in Prozent und nicht die nominelle Höhe angegeben. Dadurch entsteht medial das Gefühl, dass sich Lebensmittel extrem verteuert hätten und sich das niemand mehr leisten könne. Im Vergleich zum EU-Schnitt sind unsere Lebensmittelpreise aber weniger stark gestiegen, weil wir hohe Aktionsanteile im Lebensmitteleinzelhandel haben, die statistisch nie beachtet wurden. Die Aktionspreise werden erst seit 2022 in der Inflationsberechnung berücksichtigt.

Die Verhandlungen mit dem Handel werden härter und härter?
Die Gespräche sind derzeit besonders herausfordernd. Die Eigenmarken sind gegenüber den Markenartikeln im Preis stärker gestiegen wie Untersuchungen bei AK, VKI und GfK zeigen. An der starken Oligopol-Marktsituation des Handels hat sich nichts geändert.

Sehen Sie eine Kaufzurückhaltung?
Es gibt im Supermarkt wegen der Teuerung Verschiebungen in Richtung Preiseinstiegssegmente. Der wertmäßige Anteil der Aktionseinkäufe ist laut RollAMA im Jahr 2022 von 28 auf 29,2 Prozent gestiegen. Der Handelsmarken-Anteil kletterte laut RollAMA auf über 60 Prozent. Aber mit Blick auf Gastronomie, Tourismus, Telekommunikation etc. sehe ich keine generelle Kaufzurückhaltung.

Eigenmarken und Billigdruck im LEH ist da. Wie geht man damit um?
Rabatte, Aktionen etc. werden teilweise oder zur Gänze von Lieferanten bezahlt. Das ist vielen Konsumenten und Konsumentinnen nicht bewusst. Es ist uns wichtig, den Konsumenten darüber aufzuklären, wie die Preise im Lebensmittelhandel zustande kommen. Das versuchen wir über unsere Plattform „Österreich isst informiert“.

Wie sieht es mit Arbeitskräftemangel aus?
Auch der Lebensmittelindustrie fehlen Arbeitskräfte. Hinzu kommt, dass wir uns gerade mitten in einer Lohn-Preis-Spirale befinden. Bei den Lohnabschlüssen kratzen wir an der 10-Prozent-Marke. Auch in den Vorstufen, wie etwa der Verpackungs-, der Maschinenindustrie und dem Agrarbereich, haben wir zwischen sieben und zehn Prozent Lohnabschlüsse. Hier sind alle gefordert, Verantwortung zu zeigen, um der Inflation nicht noch eine zusätzliche Dynamik zu geben. Und der Arbeitsmarkt insgesamt hat sich deutlich gedreht. Arbeitnehmer sitzen heute am längeren Ast. Forderungen von 4 Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich gehen aber an der Realität in der Lebensmittelindustrie vorbei.

Welche Forderungen haben Sie an die Politik?
Versorgungssicherheit muss das oberste Ziel sein. Wir brauchen eine Politik, die sich für den Binnenmarkt einsetzt und keine nationalen Alleingänge vornimmt. Immerhin feiern wir heuer 30 Jahre EU-Binnenmarkt. Mit Blick auf die zahlreichen geplanten Regulierungen sollte das Motto sein: Umdenken statt Draufpacken! Zu den zahlreichen Kostenthemen kommen jetzt noch viel zu viele Regulierungen dazu. Beim Thema Energie sollte die Politik dort, wo sie Weichen stellen kann, das Angebot erhöhen. Wir brauchen hier einfach mehr Wettbewerb und eine schnellere Genehmigung alternativer Energieträger. Und wir brauchen zudem eine unternehmerfreundliche Industrie- und Standortpolitik. Die Krisen haben gezeigt, dass jene Länder mit starker Industrie diese besser bewältigen konnten. 

Wie schätzen Sie vom Wachstum her das aktuelle Jahr ein? 
Die Umsatzkurve wird sich verflachen, weil die Teuerungsspitzen, wie es sie noch im Vorjahr gab, aller Voraussicht nach wegfallen werden. Viel hängt von den Personalkosten ab. Deutschland, als unser wichtigster Exportmarkt, wird laut IWF-Wirtschaftsprognose heuer nachhinken. Insgesamt sehen wir aber das Jahr 2023 mit all den genannten Herausforderungen zuversichtlich.

Danke für das Gespräch. 


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