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Mag. Birgit Rechberger-Krammer, Präsidentin Henkel Österreich

interview: Robert Falkinger

Henkel Österreich Präsidentin Mag. Birgit Rechberger-Krammer im REGAL-Gespräch

Österreich: quo vadis?

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Nachhaltigkeit, Convenience und Premium bleiben auch 2024 die großen Treiber für Innovationen. Zu den fünf Fokusmarken zählen heuer Somat, Fewa, Persil, Taft, Gliss. Den Wirtschaftsstandort Österreich sieht Henkel Österreich-Präsidentin Mag. Birgit Rechberger-Krammer generell in Gefahr. „Die fehlende Deckelung bei Energie und die hohen Lohnabschlüsse machen Neuinvestitionen immer unattraktiver“, so die Top-Managerin zu REGAL.

REGAL: Frau Rechberger-Krammer, wie war das Jahr 2023? 
Rechberger-Krammer:
Der Wachstumszielkorridor für den Konzern-Umsatz lag nach den ersten neun Monaten 2023 bei 3,5 bis 4,5 Prozent, für die Klebstoffe bei 2,5 bis 3,5 Prozent bzw. für Consumer Brands bei fünf bis sechs Prozent. An Wert gewinnen wir weiter, die Mengen gingen allerdings zurück. Das ist aber eine Entwicklung, die sich derzeit auf allen Märkten in Europa vollzieht. Osteuropa zeigt sich hier gegenüber Westeuropa resilienter.

Wie sieht die Bewegung bei Private Labels aus?
In den Kategorien Henkel Consumer Brands können wir in Österreich wertmäßig keinen Boom der Private Labels feststellen, der Anteil ist vielmehr stabil. In der größten Kategorie von Laundry & Home Care, bei Universalwaschmittel beispielsweise, ist er sogar etwas gesunken und liegt unter 15 Prozent.

Wie schätzen Sie die Inflationsentwicklung ein?
Österreich zählt punkto Inflation in Europa zur Spitze. Meiner Meinung nach gibt es dafür zwei Hauptgründe. Das liegt zum einen an der fehlenden Deckelung der Strom- und Gaspreise, zum anderen an den hohen Kollektivvertragsabschlüssen, die prohibitiv wirken. Das ist für Österreich aus meiner Sicht keine gute Entwicklung. Ich verstehe natürlich das Dilemma der niedrigen Einkommen. Was ich nicht verstehe, ist, dass prozentuelle Abschlüsse für alle Beschäftigen gemacht werden, aber nicht zwischen hohen und niedrigen Einkommen unterschieden wird. 

Eine Gefahr für den Standort Österreich?
Es ist eine Deindustrialisierung im Gange. Die gerade angeführten Punkte machen Neuinvestitionen unattraktiv. Der Wirtschaftsstandort Österreich wird dadurch immer uninteressanter. Wenn Deutschland nicht zurück in die Spur findet, ist auch der Standort Europa in Gefahr. Im Vergleich zu internationalen Konzernen aus Übersee, für die Europa nur ein kleiner Teil ihres Geschäftes ist, geraten Unternehmen mit Sitz und Schwerpunkt in Europa ins Hintertreffen. 

Wie sieht es mit Investitionen für die Produktion hier in Wien aus?
Wir investieren heuer wieder zwischen fünf und zehn Millionen Euro in Wien-Erdberg. Dabei geht es nicht um Kapazitätserweiterungen, sondern um die Transformation in eine nachhaltigere Produktion. Unser Glück ist, dass wir hauptsächlich für Osteuropa produzieren und dort eine resiliente Nachfrage herrscht. Die Effizienz hier am Standort Wien-Erdberg ist sehr hoch. Eine Neuansiedelung in Österreich würde man aber heute nicht mehr machen. 

Die Kostendynamik hat sich abgeschwächt?
Die Kosten bei den Rohstoffen gehen insgesamt teilweise zwar zurück, aber die chemische Industrie funktioniert etwas anders. Mit der Transformation im Rahmen des Green Deals müssen wir auf teurere Rohstoffe zurückgreifen. Rezykliertes Plastik etwa ist viel teurer als Virgin Plastic. Dazu kommen die hohen Energiepreise. 

Wie sieht die Wachstumsstrategie aus?
Nachhaltigkeit, Convenience und Premium bleiben die großen Wachstumsbringer. Dazu ein paar Beispiele aus der Nachhaltigkeit: Bei Persil haben wir eine neue Polyethylen (PE)-Flasche. Wir haben vor kurzem hier am Standort fünf Millionen Euro in eine PE-Anlage investiert, die auch recyceltes Material verwenden kann. Dieser Anteil beträgt derzeit 25 Prozent, wir wollen aber bei den Kleinflaschen heuer auf 50 Prozent gehen. Daneben kompaktieren wir unsere Persil Discs und reduzieren so den CO₂-Fußabruck in der Produktion um 40 Prozent pro Waschgang, den Energiebedarf pro Waschgang wiederum um 50 Prozent. Den Trend zu Convenience greifen wir aktuell mit unserem neuen Glem Vital 5 & 5 auf. Eine Kur für fünf Anwendungsmöglichkeiten. Ein zweites Beispiel in Richtung Convenience ist eine unserer Blockbuster-Innovationen, Syoss Augenbrauenfarbe. Das ist eine unserer Top 10 SKUs bei Colorationen. Damit öffnen wir eine neue Kategorie für den LEH und den DFH. In der Premiumisierung liegt heuer der größte Schwerpunkt bei Fewa. So geht die Marke in der neuen Repositionierung weg von einem reinen Spezialwaschmittel hin zu einem Alltagswaschmittel. Das Konzept beinhaltet eine neue Formel sowie ein neues Pricing. Damit heben wir die Marke auf ein neues Level.

Wachstum und Marktanteile korrespondieren. Verfolgen Sie eine Strategie von Marktanteilen um jeden Preis?
Im Rahmen unserer Purposeful Growth-Strategie gibt es keine Marktanteils-Orientierung um jeden Preis. Das soll zur Verbesserung der Margensituation beitragen. Denn in der Sparte Consumer Brands lag für 2023 die Spannen-Erwartung bei zehn bis elf Prozent. Damit liegen wir schlechter als der Mitbewerb. Marktanteilsverluste nehmen wir in Kauf. Wir haben uns ja auch von einigen Marken wie Vademecum oder Diadermine getrennt. Dort haben wir für uns kein Wachstumspotenzial mehr gesehen. Die Umsetzung unserer Strategie am POS im Handel ist natürlich nicht ganz einfach, wenn zum Beispiel die Promotion-Häufigkeit runtergefahren wird. 

Welche Marken stehen heuer besonders im Fokus?
Dazu zählt sicher Fewa mit der angesprochenen neuen Positionierung, aber natürlich auch Persil. Für Somat planen wir für Frühjahr einen innovativen Schritt mit einer weiteren Erhöhung des Premiumanspruches. Relaunches gibt es bei Taft und Gliss.  

Entfalten Eigenmarken angesichts der multiplen Krisen ein neues Bedrohungs­szenario?
Für die Volumina sicher. Krisen führen immer dazu, dass Eigenmarken vermehrt aufkommen. Der Bereich Waschmittel mit traditionell hohen Aktionsanteilen ist weniger betroffen, etwas anders sieht es bei Handgeschirrspülmittel oder Feinwaschmittel aus. Aber gute Marken, mit einer guten Leistung und Qualität, bleiben immer im Rennen. Was uns in die Hände spielt: Es müssen ja auch alle Private Labels die Transformation in Richtung Green Deal machen. Die Rahmenbedingungen sind für alle gleich, aber wir sind im Vorteil, da wir dafür schon R&D-Kapazitäten aufgebaut haben.

Wie hoch ist das Werbeniveau dieses Jahr?
Wir fahren einen ähnlich starken Werbekurs wie 2023. 

Welche Rolle spielt KI im Henkel Konzern?
Da befinden wir uns derzeit im Experimentierstadium, wir haben viele Pilotprojekte laufen. Ein großer Bereich ist das Marketing, wo es um Effizienz geht, und auch der Bereich Shared Services. Ein dritter Bereich ist die Produktion. Die große Revolution sehe ich aktuell zwar nicht, aber in fünf bis zehn Jahren wird die KI jeden Job in der einen oder anderen Weise berühren und verändern.  

Danke für das Gespräch.


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